Sportschuhe für eine Kleinstadt

Der Fährhafen von Sassnitz ist ein Schwerpunkt beim Schmuggel von Produktfälschungen

  • Martina Rathke, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Gut versteckt hinter legaler Fracht fanden Zöllner in Sassnitz auf Rügen knapp 11 000 gefälschte Sportschuhpaare. Kein Einzelfall.

Sassnitz. Der Zoll hat im Fährhafen Sassnitz (Mecklenburg-Vorpommern) einen Schmuggel mit fast 11 000 gefälschten Sportschuhen auffliegen lassen. »So etwas hat man nicht alle Tage«, sagt Zolloberinspektor Welf Winter, der am vergangenen Mittwoch an der Aktion beteiligt war. »Normalerweise stoßen wir auf Zigaretten und Betäubungsmittel.« Sportschuh-Fälschungen in diesen Mengen zu entdecken, sei eher selten.

Es war ein ausgebuffter Plan: Erst auf seiner Fahrt nach Italien sollte der 38-jährige lettische Lkw-Fahrer über sein Handy weitere Anweisungen erhalten, wo er die fast 11 000 Plagiate von Sportschuhen eines amerikanischen Herstellers (Nike) abliefern sollte. Doch aus der vermutlich in Deutschland geplanten Übergabe der heißen Ware wurde nichts. Aufmerksame Zöllner haben das in unauffälligen Kartons verpackte Schmuggelgut im Fährhafen hinter Stapeln legaler »No-Name« Schuhe entdeckt. Bei dem Fund handelt es sich um den größten Schmuggelfall von Plagiaten im Nordosten seit einem Jahr, sagte Zollsprecher Detlef Kähler.

Der Marktwert einer vergleichbaren Ladung echter Schuhe liegt nach Angaben des Hauptzollamtes Stralsund bei rund einer Million Euro. Vor einem Jahr - fast auf den Tag genau - hatten Zöllner auf Rügen eine ähnliche Ladung aus dem Verkehr gezogen. Auf dem Trailer eines ebenfalls aus Lettland stammenden Lasters lagerten 11 800 Sportschuh-Fälschungen. Ob nun hinter den illegalen Touren dieselben kriminellen Köpfe stecken, kann das Hauptzollamt nicht sagen. Auch ist unbekannt, wie hoch die Dunkelziffer bei illegalen Einfuhren ist, sagte Kähler.

Nach Angaben der dem Bundesfinanzministerium unterstellten Zentralstelle für Gewerblichen Rechtsschutz wurden 2011 bundesweit 23 635 sogenannte Aufgriffe von Waren gezählt, bei denen Marken-, Urheber-, oder Patenrechte verletzt wurden. Zu 42 Prozent stammten etwa Sportschuh-Fälschungen aus China, gefolgt von Hongkong mit 36 Prozent und Vietnam 21 Prozent. Der Gesamtwert der aufgegriffenen Waren von Uhren über Taschen bis Kleidung und Kosmetika betrug im vergangenen Jahr bundesweit rund 82 Millionen Euro - ein Rückgang gegenüber 2010 um 14 Prozent.

Auch bei den jetzt in Sassnitz gefundenen Fälschungen gehen die Zöllner davon aus, dass sie in Asien produziert wurden. Dass die Schuhe aus dem Verkehr gezogen wurden, diene nicht nur dem Schutz der Wirtschaft vor Wettbewerbsnachteilen, sondern auch der Gesundheit. Oftmals befänden sich in diesen Artikel gesundheitsgefährdende Chemikalien, sagte Stralsunds Zollsprecher. Die Regeln sähen vor, dass die Fälschungen auf Antrag des Rechtsinhabers vernichtet werden.

Der Fahrer des lettischen Lastwagens im Sassnitzer Hafen durfte nach der Vernehmung und Aufnahme der Personalien weiterfahren. Eine Tatbeteiligung konnte ihm nicht nachgewiesen werden.

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