Geburtstag mit Geldsorgen

Das MACHmit! Museum für Kinder in Prenzlauer Berg feierte sein 20. Jubiläum

  • Kilian Klenze
  • Lesedauer: 4 Min.

Ab dem Herbst beginnt die Restaurierung: »Wir hoffen, dass die Orgel der einstigen Eliaskirche zum Frühsommer wieder erklingen kann«, sagt stolz Marie Lorbeer. Seit 2002 ist die in Nürnberg geborene Lehrerin, die zwischenzeitlich im Ausland lebte, dann in der Museumspädagogik wirkte, Geschäftsführerin des MACHmit! Museums für Kinder. Die 1910 eingeweihte, nach Kriegszerstörung 1953 reduziert nachgebaute Orgel wird dem Museum Möglichkeiten auch in der musischen Bildung bieten: über Konzerte, Gespräche mit dem Organisten und Besichtigung des Pfeifenwerks. Lorbeers pädagogischen Ambitionen kommt das mehr als gelegen. Geschichte mag sie und Reisen, um sich die Welt zu erklären, zu erobern. Das ist auch dezidierte Absicht des MACHmit! Museums. Mit allen Sinnen sollen Kinder das jeweilige Ausstellungsthema entdecken, sollen erforschen, anfassen, mitmachen. Kreativ nachbasteln und spielerisch lernen, so umreißt Lorbeer die Ziele des Museums. 55 000 Besucher weit über die Bundesrepublik hinaus hat es pro Jahr, gilt als Familienmuseum, in dem auch Erwachsene Neues erfahren.

Angefangen hat alles vor 20 Jahren mit einem Bauwagen auf dem Kollwitzplatz. Was sich Kinder & JugendMuseum nannte, hat eine lange Wanderschaft durch den Bezirk Prenzlauer Berg hinter sich. Auf die Kapelle an der Fröbelstraße folgte als ebenso kurzzeitiger Sitz eine Grundschule in der Ibsenstraße, dann ein Projektraum in der Schivelbeiner Straße. 1995 betrug die Fläche endlich 230 Quadratmeter und ermöglichte so Ausstellungen zu bezirklichen Themen wie »Jüdische Schule in der Rykestraße« und »Colosseum«. Bald kommen als nach wie vor beliebte Attraktionen der SeifenLaden, die MuseumsDruckerei, ein umgebautes Feuerwehrauto von 1961 als MuseoMobil und das SpiegelKabinett hinzu. Weil die pädagogischen Angebote am außerschulischen Ort auf gute Resonanz stoßen, wird ein größerer Standort nötig. In der Eliaskirche findet er sich: 2001 erhält die Kinder & JugendMuseum im Prenzlauer Berg gGmbH von der Evangelischen Kirche das Erbbaurecht auf 75 Jahre. Der Architekt Klaus Block macht für die Belange eines Kindermuseums das Kircheninnere passgerecht, Werkstatttische entstehen, Raum für Ausstellungen, ein FamilienCafé, das sieben Meter hohe KletterRegal mit seinen verschachtelten Gängen.

»Farben - Formen - Fantasie« heißt die erste Ausstellung des nunmehrigen MACHmit! Museums für Kinder, eröffnet während der ersten Langen Nacht der Museen für Kinder, auch mit Festreden prominenter Gäste wie Wolfgang Thierse und Nilson Kirchner, der jenes Museum beim Netzwerk Spiel/Kultur einst aus der Taufe hob. Seit Anbeginn dabei ist Marie Lorbeer. Vom Begriff des Lebenswerks will sie jedoch auch nach den zwei Jahrzehnten der Aufbauarbeit nichts wissen. Alles orientiere sich hier an den Kindern; was sie in der Ausstellung unten sehen, können sie im Werkstattbereich noch einmal anders erfahren. Wenn sie etwa eine Krone gestalten, um zu überlegen, wie es ist, »Bestimmer« am Esstisch zu sein - passend zur laufenden Schau um das Thema »KinderRECHT«. Das klingt nach reicher Zahl an Mitarbeitern und wohliger finanzieller Ausstattung. Beides ist nicht der Fall. Den zehn Festangestellten, die meisten in Teilzeit, stehen Honorarkräfte, Hartz-IV-Empfänger, Praktikanten für Aufgaben vom Empfang über die Begleitung bis zur Bastelstraße, von der Führung bis zum Kindergeburtstag zur Seite. Eine Ausstellung pro Jahr hat sich, in Anbetracht der Personalsituation, bewährt und wird rege angenommen. »Was besser funktionieren sollte, ist die Kooperation mit Schulen, die innerhalb der Projektwochen hierher kommen können«, sagt Marie Lorbeer selbstkritisch.

Und spricht offen auch über die Finanzen. Vom Senat erhält das Museum jährlich 50 000, vom Bezirk 20 000 Euro. Mache zusammen 70 000 Euro, was bei 55 000 Besuchern im Jahr lediglich einen Zuschuss von knapp 1,30 Euro bedeute, im Gegensatz zur sehr viel komfortableren Situation der großen Bühnen. Durch die 200 000 Euro aus Eintrittsgeldern erhöht sich das Budget auf 270 000 Euro, benötigt aber werden 450 000 Euro. Sponsoren, Stiftungen und Geld über republikweit gestellte Projektanträge müssen die Differenz ausgleichen. Im Fall der 80 000 Euro für die Orgel sprang die Stiftung Deutsche Klassenlotterie ein; zudem soll Geld über Pfeifen-Patenschaften akquiriert werden.

Dass das Museum seit Ende 2011 in der Erprobungsphase mit Sonnenenergie für die Fußbodenheizung arbeitet, seinen Strom über Photovoltaik erzeugt, rechnet Lorbeer zu den für Besucher unsichtbaren Fortschritten: »Wenn wir schon über diese Themen reden, sollen wird auch handeln.« Dass inzwischen selbst große Museen ihre Ausstellungen mit Kinderprogrammen flankieren, dafür sei auch das MACHmit!Museum Vorreiter gewesen. Am Sonnabend feierte die wichtige Einrichtung mit einem bunten Festprogramm fröhlichen Geburtstag.

MACHmit! Museum, Senefelderstr. 5, Telefon (030) 74 77 82 00

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