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Armut in Europa als Geschäftsmodell

Konsumgüterhersteller Unilever rechnet mit anhaltender Wirtschaftskrise - und stellt seine Strategie um

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Besonders in Südeuropa macht sich die anhaltende Wirtschaftskrise im Geldbeutel vieler Verbraucher bemerkbar. Der Konsumgüterkonzern Unilever reagiert nun mit einer neuen Geschäftspolitik auf diese Entwicklung. Vorbild sind Erfahrungen auf dem asiatischen Markt.

Bisher kannten Produktverpackungen für Waren des täglichen Bedarfs in den europäischen Supermärkten fast nur eine Richtung: Größer, teurer und mit möglichst viel Inhalt. Doch die Zeiten, in denen Konzerne mit XXL-Produkten auf einem endlos wachsenden europäischen Markt immer weiter steigende Gewinne einfuhren, scheinen langsam der Vergangenheit anzugehören: Die anhaltende Wirtschafts- und Eurokrise macht sich immer stärker im Geldbeutel vieler Verbraucher bemerkbar. Extragroß ist für immer mehr Konsumenten deshalb beim täglichen Einkauf nicht mehr das Maß der Dinge.

Der Konsumgüterkonzern Unilever kündigt deshalb am Montag laut Medienberichten an, auf die veränderten Marktbedingungen reagieren zu wollen. »Die Armut kehrt nach Europa zurück«, erklärt Jan Zijderveld, Europa-Chef des drittgrößten Konsumgüterherstellers im Interview mit der »Financial Times Deutschland« (FTD).

Unilever ist einer der ersten weltweit tätigen Konzerne, der öffentlich einräumt, dass er die derzeitige Krise nicht nur als kurzes Intermezzo betrachtet. Statt immer größerer Verpackungen sollen die Produktpackungen künftig deutlich kleiner und damit auch günstiger werden. »Wenn ein Spanier nur noch durchschnittlich 17 Euro pro Einkauf ausgibt, dann kann ich ihm kein Waschmittel für die Hälfte seines Budgets verkaufen«, so Zijderveld.

Kannte der europäische Verbraucher kleine Verpackungsgrößen bisher vor allem bei Hygieneartikeln als Reisebedarf, wird es demnach künftig deutlich mehr verkleinerte Packungen geben. Erste Schritte dazu hat Unilever bereits unternommen. Kunden in Griechenland können Waren wie Kartoffelpüree und Mayonnaise bereits in kleineren Mengen kaufen. Statt der Etablierung hochpreisiger neuer Marken, etwa im Bereich von Bioprodukten, setzt der Konzern stärker auf günstigere so genannte Preiseinstiegsmarken. Auch hier ist der griechische Markt in Europa Vorreiter. Grundnahrungsmittel wie Tee oder Olivenöl werden unter griechischen Namen und nicht unter einer international bekannten und damit in der Regel teureren Marke verkauft. Bisher hatte es Unilever vermieden, sich im Marktsegment der günstigen Discountmarken zu engagieren.

Vorbild für den neuen Europakurs von Unilever sind laut Aussagen von Zijderveld die Erfahrungen des Unternehmens auf dem asiatischen Markt. »In Indonesien verkaufen wir Einzelpackungen Shampoo für zwei bis drei Cent und verdienen trotzdem ordentliches Geld«, sagte Zijderveld der FTD.

Die Erfolge in Asien scheinen dem Europa-Chef Recht zu geben. Mit seiner Tochterfirma »Hindustan Unilever« ist der Konsumgüterhersteller in Indien seit Jahren Marktführer bei vielen Produkten des täglichen Bedarfes. Südostasiatische Staaten wie Indonesien, Thailand oder Vietnam zählen zu den großen Wachstumbereichen des Unternehmens. Trotz anhaltender Krise gilt Westeuropa aber für Unilever weiter als profitabelste Region: Rund ein Viertel des gesamten Konzernerlöses von insgesamt über 46 Milliarden Euro erwirtschaftete das Unternehmen im Jahr 2011 hier.

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