Das wird ein Chaos-Flughafen

Experte rechnet mit einem dauerhaften Zuschussgeschäft in dreistelliger Millionenhöhe

  • Lesedauer: 3 Min.
nd: Herr Faulenbach, Sie haben den bisherigen Eröffnungstermin des Flughafens von Anfang an als unrealistisch kritisiert. Jetzt soll es sieben Monate mehr Zeit geben zu seiner Fertigstellung. Ist der 27. Oktober 2013 zu schaffen?
Faulenbach: Das ist wirklich der frühest mögliche Termin. Erst, wenn das Terminal am Jahresende fertiggestellt ist, kann die Erprobung beginnen, die mindestens sechs Monate dauert. Der Umzug der beiden Flughäfen macht dann erst beim Wechsel zum Winterflugplan Ende Oktober Sinn. Wenn seriös gearbeitet wird, müsste der neue Termin klappen. Allerdings sollte man wissen, zu welchen Bedingungen dann der Flughafen in Betrieb geht.

Wie meinen Sie das?
So, wie es sich heute darstellt, bleibt es ein Chaos-Flughafen, weil die Form vor die Funktion gestellt wurde. Normalerweise ist es umgekehrt. So kommt es, dass der Rauch entgegen den Gesetzen der Physik nach unten und nicht nach oben abgeleitet werden soll. Aber das kriegt man vielleicht noch hin. Viel schlimmer ist, dass der BER viel zu klein ist. Einen Flughafen plant man so, dass er ab Inbetriebnahme zehn bis 15 Jahre baulich nicht erweitert werden muss. In Berlin wird er aber schon bei seiner Eröffnung die Nachfrage nicht abdecken können. Eine sofortige Erweiterung wird notwendig sein.

Die Startkapazität soll bei 27 Millionen Fluggästen liegen, immerhin zwei Millionen über der erwarteten Zahl im ersten Jahr.
Zwei Millionen Reserve für 15 Jahre? Aber auch die 27 Millionen können nicht nicht ordentlich abgefertigt werden. In Frankfurt am Main fliegen von 58 Millionen Passagieren insgesamt 27 Millionen von und nach Frankfurt. Für sie stehen 383 Check-In-Schalter und 38 Gepäckbänder zur Verfügung. In Berlin werden etwa 25 Millionen Passagiere die Region als Start- und Zielort haben, also Originalpassagiere sein. Für sie stehen aber nur 96 Schalter und acht Gepäckausgabebänder zur Verfügung. Leicht auszurechnen, wie viele Reisende damit abgefertigt werden können. Die werden stundenlang auf ihre Koffer und Taschen warten oder sie sich aus einem Gepäckhaufen in der Ecke heraussuchen müssen. Da wird die schlechte Qualität von Tegel noch unterboten, und das am modernsten Flughafen Europas?

Mit zwei Satelliten auf dem Vorfeld soll die Kapazität auf 40 Millionen Passagiere erhöht werden können. Das sollte dann aber reichen.
Die Satelliten verschärfen die Situation noch. Die Passagiere, die dort starten oder ankommen, müssen ja durch die Abfertigungsanlagen im Terminal geschleust werden. Deshalb denkt man schon über den Abriss eines der Parkhäuser nach. Aber wenn schon gleich nach der Eröffnung wieder erweitert werden muss, bleibt dem Flughafen keine Zeit, Geld zu verdienen und die Investitionen wieder hereinzuholen. Deshalb wird er auf Dauer ein Zuschussgeschäft in dreistelliger Millionenhöhe bleiben. Er ist zu klein, zu teuer und kommt zu spät.

Was ist schief gelaufen?
Es gab ja Leute, die vor den Fehlentwicklungen gewarnt haben, wie der einstige Planungschef der Berliner Flughäfen. Aber der wurde nach 2006 mit dem Lärmschutz betraut. Schon vor fünf, sechs Jahren hätte der Aufsichtsrat diesen Dingen entgegengetreten müssen. Der damals vorgesehene Generalunternehmer beispielsweise wollte das Terminal für eine Milliarde Euro bauen. Es durfte aber nur 630 Millionen kosten. Heute sind mindestens 1,2 Milliarden Euro fällig.?

Fragen: Bernd Kammer
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