Japan steigt aus

Regierung kündigt Ende der Atomenergie an / Konzerne wollen gegen Pläne kämpfen

  • Lesedauer: 2 Min.
Japan zieht Konsequenzen aus dem Reaktorunglück in Fukushima und will bis 2040 alle AKW abschalten.
Anderthalb Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima hat die japanische Regierung angekündigt, bis 2040 schrittweise aus der Atomenergie auszusteigen. Die Politik werde alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Atomkraft »in den 2030er Jahren« in Japan »auf Null« zu bringen, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Regierungspapier. Das Dokument hat für künftige Regierungen allerdings keine bindende Wirkung.

Viele Japaner wollten eine Gesellschaft ohne Atomkraft, heißt es in dem Papier. Andererseits gebe es Meinungsverschiedenheiten, »wie schnell und wie genau eine solche Gesellschaft erreicht werden kann«. In Japan steht einer jungen Anti-Atomkraftbewegung eine mächtige Industrielobby gegenüber. Bis zu dem Atomunfall in Fukushima im März 2011 bezog Japan rund 30 Prozent seiner Energie aus Atomkraftwerken. Japan verfügt über 54 Reaktoren.
Die neue Atompolitik des Landes sieht die Abschaltung aller Reaktoren mit mehr als 40 Jahren Laufzeit vor. Es sollen zudem keine neuen AKW mehr gebaut werden und Altreaktoren nur dann wieder ans Netz gehen, wenn sie die Sicherheitsstandards einer neuen Atomaufsichtsbehörde erfüllen.

Mit dem Beschluss folgt Japan dem Beispiel Deutschlands, wo die Bundesregierung kurz nach dem Unglück in Fukushima die Abschaltung aller AKW bis 2022 beschloss. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag in Berlin, Deutschland habe »schon einige Erfahrung auf dem Weg der erneuerbaren Energien gemacht« und »könnte Japan mit Rat und Tat zur Seite stehen«.

Anders als in Deutschland formierte sich nennenswerter Widerstand gegen die Atomkraft in Japan erst nach Fukushima. Nach dem Unfall wurden alle weiteren AKW des Landes zu Sicherheitsüberprüfungen abgeschaltet. Derzeit sind nur zwei der 54 Reaktoren in Betrieb. Vergangene Woche sprach sich die Demokratische Partei von Regierungschef Yoshihiko Noda für eine größere Rolle der Erneuerbaren im japanischen Energiemix und Energiesparmaßnahmen aus.

Japans Wirtschaftslobbyisten kämpfen gegen die Ausstiegspläne. »Das können wir auf keinen Fall akzeptieren«, sagte der Vorsitzende des Wirtschaftsverbandes Keidanren, Hiromasa Yonekura. »Ich glaube nicht, dass das technologisch möglich ist.« Der Chef des AKW-Betreiberkonzerns Kansai Electric Power Co., Makoto Yagi, zog die Legitimation der Pläne in Zweifel: »Ich bin mir nicht sicher, ob über diese Frage eine nationale Grundsatzdebatte geführt wurde.«

Die Umweltorganisation Greenpeace begrüßte den Schritt Tokios »vorsichtig« und forderte einen »schnellen« Ausstieg. Eine jahrzehntelange Übergangsphase sei »unnötig«, da bereits derzeit fast alle AKW abgeschaltet seien.

Weltweit gibt es unterschiedliche Entwicklungen: Während Frankreich, Großbritannien, die USA, China und Indien am Bau neuer Reaktoren festhalten, will neben Deutschland auch die Schweiz aus der Atomkraft aussteigen. AFP/nd
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