Größter Feldversuch Europas

Von der Öffentlichkeit kaum beachtet, wächst in Spanien seit Jahren auf 20000 Hektar Gentech-Mais

Spanien ist das einzige Land in der EU, in dem Gentech-Mais kommerziell angebaut wird. Seit 1998 säen Bauern im Nordosten des Landes auf rund 20000 Hektar die Sorte »Comba CB«.

Der Bauer Francisco Armengol schüttelt den Kopf. Gentechnik-Gegner, die seine Ernte zertrampeln? Nein, so etwas habe er hier noch nicht erlebt, sagt er. »Das macht Greenpeace in Deutschland oder Frankreich. Aber hier?« Er zuckt mit den Schultern, ergänzt: »Ich wüsste nicht warum.« Auf den Feldern seiner 40-Hektar-Farm nahe der nordspanischen Stadt Lérida recken gentechnisch veränderte Mais-Pflanzen ihre Stängel gen Himmel. Goldgelb leuchten lange Kolben in dem grünen Dickicht, reif für die Ernte. »Wenn es mehr transgenes Saatgut gäbe, würden hier noch viel mehr Felder so aussehen«, sagt Armengol. Schon bald könnte es so kommen. Die Maissorte »Comba CB« besitzt dank der Bemühungen des Agrar-Multis Syngenta ein Gen des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis (Bt), mit dessen Hilfe die Pflanzen ein für bestimmte Insekten tödliches Gift produzieren. So sind die Pflanzen gegen Schädlinge geschützt, ohne dass der Bauer dafür zusätzlich Insektizide versprühen muss. Welchen Vorteil das bringt, ist auf den Äckern rund um Lérida deutlich zu sehen. In dieser Region Spaniens ist der Maiszünsler stark verbreitet. Diese Schmetterlingsart legt ihre Eier auf der Unterseite der Maisblätter ab. Nach dem Schlüpfen bohren sich die Larven in die Maisstängel und fressen sich dort durch. Mit unerfreulichen Folgen: Die ausgehöhlten Pflanzen brechen im Wind häufig ab, und die Maiskolben bleiben klein. Bis zu 40 Prozent der Ernte geht auf diese Weise verloren. Felder mit Bt-Mais bleiben von solchen Schäden verschont. Auch im Vergleich zu Flächen, auf denen die Bauern Insektizide gegen die Maiszünsler einsetzen, ist der Ertrag höher. Denn die Spritzmittel wirken nur im Kontakt mit den Larven. Sobald sich die Tierchen in die Pflanzen gebohrt haben, sind sie vor derlei Angriffen geschützt. Eine jüngst erschienene Studie des britischen Agrar-Beraters Graham Brookes über den Anbau von Bt-Mais in Spanien beziffert die Einkommenssteigerung der Landwirte auf durchschnittlich 150 Euro pro Hektar im Vergleich zu herkömmlichem Mais. »Wären von allen wichtigen Maissorten Varianten mit einem Bt-Gen verfügbar, könnte sich in Spanien der Anbau von transgenen Pflanzen auf bis zu 36 Prozent der Maisflächen lohnen«, sagt Brookes. Das wären dann 176000 Hektar. Noch ist die Bt-Maisfläche in Spanien beschränkt. 1998 erklärte die EU ein Moratorium für die Zulassung transgener Pflanzensorten. Zu dem Zeitpunkt hatten die spanischen Behörden bereits den Anbau von Syngentas »Comba CB« offiziell erlaubt. Doch um die Diskussionen um das Für und Wider der grünen Gentechnik nicht weiter anzustacheln, beschlossen die Syngenta-Manager, vorerst nur eine begrenzte Menge transgenes Saatgut in den Handel zu bringen. Da die EU mittlerweile kurz davor steht, neue Richtlinien für die Freisetzung und die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Pflanzen und Rohstoffen zu erlassen, könnte auch das Moratorium für die Zulassung neuer transgener Sorten fallen. Viele Landwirte in den vom Maiszünsler bedrohten Gebieten hoffen darauf. Mit dem Verkauf ihrer Genmais-Ernte haben die Bauern bislang keine Probleme. Zwar weigert sich die spanische Stärke-Industrie, den Bt-Mais zu verarbeiten, weil auch in Spanien die Verbraucher gentechnisch veränderten Lebensmittel sehr skeptisch gegenüberstehen. Doch Futtermittel-Hersteller nehmen den Mais gerne an. »Die Qualität ist einfach besser. Bei herkömmlichem Mais folgt dem Insektenfraß häufig ein Befall mit Schimmelpilzen. Der Genmais ist deutlich weniger mit Schimmelpilzgiften belastet«, sagt Ricardo Miguelañez vom spanischen Verband der Futtermittelhersteller CESFAC. Auch aus ökologischer Sicht zeigt der spanische Bt-Mais, entgegen der Befürchtungen von Umweltverbänden, bislang keine Nachteile. Der Ökologe Ramón Albajes von der Universität Lleida untersucht auf den Maisfeldern von Lérida, ob das Bt-Gift neben dem Maiszünsler auch anderen Insektenpopulationen schadet. »Unseren Forschungen nach gibt es kei...

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