Umfassende Mitbestimmung bei Bildschirmarbeitsplätzen

  • GERD SIEBERT
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Zahl der Arbeitsplätze mit Bildschirm wächst stetig. Häufig werden sie ohne besondere Vorkehrungen eingerichtet, auch in Betrieben mit Betriebsrat: Der Computer kommt, die Arbeitskraft wird eingewiesen und los geht's. Und dabei unterliegen Bildschirmarbeitsplätze - wie eigentlich jeder Arbeitsplatz - einer Reihe von Auflagen hinsichtlich Arbeits- und Gesundheitsschutz. Bei allem, wozu der Arbeitgeber in diesem Zusammenhang gesetzlich angehalten ist, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Es bezieht sich gemäß §87 Abs.1 Nr.7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) auf »Regelungen über Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften«. Mit einer Vielzahl von Urteilen der Arbeitsgerichte aller Instanzen ist dieses Recht zusätzlich abgesichert. Bestandteil der Arbeitsschutzgesetzgebung ist die Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbVO) von 1996, die speziell den Arbeits- und Gesundheitsschutz an Bildschirmarbeitsplätzen betrifft. Da es sich bei dieser Verordnung um Rahmenvorschriften handelt, sind alle Fragen der Umsetzung im Betrieb gemäß §87 Abs.1 Nr.7 Mitbestimmungsangelegenheiten. In diesem Sinne zu beteiligen ist der Betriebsrat, wenn Bildschirmarbeitsplätze eingerichtet werden sollen, nach §§ 90 und 91 BetrVG schon im Stadium der Planung. Gemäß §5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und §3 BildscharbVO hat der Arbeitgeber durch Beurteilung jedes Arbeitsplatzes die für die Beschäftigten möglichen Gefährdungen zu ermitteln, um erforderliche Schutzmaßnahmen veranlassen zu können. Auch dieser Schritt muss unter Beteiligung des Betriebsrats erfolgen. Die BildscharbVO enthält einen Anhang mit detaillierten Auflistungen »über an Bildschirmarbeitsplätze zu stellende Anforderungen«. In 26 Punkten werden diese für Bildschirmgerät und Tastatur, sonstige Arbeitsmittel (z.B. Tisch, Sitzmöbel), Arbeitsumgebung (z.B. Raumgröße, Beleuchtung) und zum Zusammenwirken von Mensch und Arbeitsmittel (z.B. ergonomische Fragen) beschrieben. Der dem Arbeitgeber eingeräumte Regelungsspielraum in allen diesen Anforderungen ist genau der Punkt, in dem er mit dem Betriebsrat Einvernehmen herstellen muss. Das betrifft nicht nur die organisatorischen und materiellen Mittel, die es einzusetzen gilt, um dem Gesundheitsschutz an Bildschirmarbeitsplätzen zu genügen, sondern ebenso die Frage der sachgerechten Unterrichtung und Qualifizierung der Arbeitnehmer bis hin zur Festlegung, wann, wie und von wem dies umgesetzt wird. Ebenso ist der Arbeitgeber gehalten, dem Betriebsrat rechtzeitig und umfassend die erforderlichen Informationen zu geben. Als einzige konkrete Auflage der Gesundheitsvorsorge schreibt die BildscharbVO dem Arbeitgeber vor, den an Bildschirmgeräten Beschäftigten vor Aufnahme der Tätigkeit und anschließend regelmäßig eine Untersuchung der Augen und des Sehvermögens anzubieten (§6). Auch soll die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten »regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen« werden (§5), ebenfalls alles mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten. Für die Festlegung der Maßnahmen in den angeführten Bereichen ist der Abschluss von Betriebsvereinbarungen das zweckmäßige Mittel. Wenn in bestimmten Fragen keine Einigung zustande kommt, ist die Einigungsstelle anzurufen, die abschießend entscheidet. Ist der Arbeitgeber oder der Betriebsrat der Meinung, dass diese ihren Ermessensspielraum überschritten hat, können die Bedenken gemäß § 76 Abs. 5 BetrVG binnen zwei Wochen beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.
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