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Ein Objekt der Begierde

  • Lesedauer: 2 Min.

Noch hoppeln die wilden Karnickel lustvoll über die weite wüste Fläche, höchstens mal von Touristen aufgeschreckt. Die Ruhe täuscht. Längst ist das „Filetstück“ in der City – der Potsdamer und Leipziger Platz – in Büros der Politiker, Architekten, Planer, Investoren, Konzerne ein Objekt der Begierde.

Erster Gewinner war bekanntlich vor rund einem Jahr Daimler Benz, der sich in einem skandalträchtigen Finanzdeal mit dem Senat 60 000 Quadratmeter sicherte. Unter dem Stern sollen auch Kultur und Dienstleistungen stehen, auf 20 bis 30 Prozent des Areals. Viel zu wenig, meint der Hamburger Musical-Produzent Fritz Kurz, der jetzt seine Vision eines Kulturzentrums ins Rennen schickte. Ihm schwebt eine quer über den Platz gespannte Brücke aus Glas und Chrom vor, die mehrere Theater, Firmen aus der Kulturbranche, Hotels aufnimmt. Ein gigantisches „Phantom“ nennen Kurz-Kritiker die Idee des Machers der „Phantom der Oper“.

Eine „Scherben-Brücke“ gar malt die Fraktion Bündnis 90/Grüne an „Berliner Randale-Tagen“ an die Wand. Wenn's auch so schlimm nicht kommen muß – die Warnung vor einem „Schicki-Kulturzentrum für Daimler-Kunden an einem sterilen Büro-Platz“ bringt die Sache eher auf den Punkt.

Das Durcheinander immer neuer Vorschläge und Modelle nunmehr zu ordnen, ist das vom Senat jetzt beschlossene neue Planungsverfahren nicht gedacht. Es setzt vielmehr einen Punkt hinter den von Fachleuten favorisierten bislang offenen Ideenwettbewerb, rückt an dessen Stelle einen beschränkten städtebaulichen Wettbewerb. Ein „Stadtforum Berlin“ wird noch vor Ostern einberufen.

Stadtentwicklungssenator Hassemer drängt zur Eile. Oder Daimler. Wo bleibt der mit Sternen und Glasträumen konfrontierten Berliner Öffentlichkeit eine Chance zur Mitsprache? Die Karnickel haben nur noch einen Frühling auf freiem Feld vor sich.

KARIN NÖLTE

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