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Halbe Sache

  • Lesedauer: 2 Min.

Bundesj ustizminister Kinkel hatte jetzt einen wirkungsvollen Auftritt: als Retter der Kinder. Stolz berichtete er ?* über ein neues Gesetz gegen die Kinderpornographie. Verschärfte Strafen für Produzenten und Hersteller und erstmals auch Bestrafung der Besitzer solcher Perversionen soll es bringen. Nun, es wurde Zeit, daß die Justiz verstärkt gegen diesen üblen sexuellen Mißbrauch von Kindern angehen will. Es gäbe also nichts dagegen zu sagen.

Und doch bleiben einige Fragen offen. Warum verfügt das Gesetz Freiheitsstrafen gegen Hersteller und Verkäufer und droht ihnen auch den Einzug der Filme an, läßt ihnen aber die eingestrichenen Gewinne - die bis zu 1000 Prozent betragen? Fragwürdig ist auch, was höhere Strafen nützen, wenn schon der Vollzug der bisherigen Gesetze im argen liegt. Beispielsweise kam es 1990 bei 12 741 angezeigten

Fällen sexuellen Mißbrauchs von Kindern nur in rund 1500 zu einer Verurteilung.

Und schließlich: Kann man die sexuelle Perversion der Konsumenten von Kinderpornos durch Gefängnis bekämpfen? Da wäre Aufklärung wichtiger, müßte mehr Geld für Therapie- und Beratungsstellen zur Verfügung gestellt werden.

Das Gesetz allein ist nur eine halbe Sache. Der Schutz der Kinder ist eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit. Gewalttätigkeit ist nur ein Teil des Krieges gegen die jüngste Generation. Wer fragt, zum Beispiel, in diesem Lande, was die Kinder erleiden, deren Eltern keine Arbeit finden? Wen kümmern die Kinder, deren Eltern aus Angst um ihren Arbeitsplatz keine Zeit mehr für ihren Sprößlinge haben? Ist es in solch einem kinderunfreundlichen Klima verwunderlich, daß man sich in gutbürgerlichen Wohnzimmern an Kinderpornos berauscht?

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