nd-aktuell.de / 28.03.1992 / Sport / Seite 8

Olympiasorgen und IOC-Zuschuß

Eigentlich, könnte man meinen, gehört die Federation Equestre Internationale, die Internationale Reiterliche Vereinigung, zu den reichsten Sportverbänden der Welt. Wer seine Generalversammlung im Berliner Hilton-Dom-Hotel abhält, ein erlesenes Rahmenprogramm zu bieten in der Lage ist, muß aufs Kleingeld nicht achten.

Deshalb überrascht schon, daß der von ihrer königlichen Hoheit Prinzessin Anne geleitete Verband jährlich vom IOC mit 1,5 Millionen Schweizer Franken bezuschußt wird. Eine Sportart, die eine ganze Industrie ernährt, in der sich Sponsoren wie Volvo, Mercedes, Samsung drängen, Turnier-Preisgelder erhöht werden, in der der Kaufpreis für erstklassiges Pferdemate-

rial steigt und steigt, soll auf Zuschüsse angewiesen sein?

Daß der Pferdesport viel Geld kostet, ehe er Vergnügen bereitet, muß nicht ausdrücklich betont werden. Darum ist es auch nicht verwunderlich, daß bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona nur 24 Länder Interesse an den Reiterwettbewerben bekunden, bei einer Gesamtteilnehmerzahl von rund 170. Da das IOC ohnehin auf Kürzung des olympischen Programms aus ist, verwundert die Aussage von IOC-Präsident Samaranch nicht: „Wir werden den olympischen Status jener Sportarten überprüfen, die auf wenig aktives Interesse stoßen.“ Solche Erklärungen geben den Reitersleuten aber doch zu denken. Mit den Welt-Reiterspielen 1994 allein ließen

sich die Verluste nicht kompensieren. Darum wird die Unterstützung des Elektronik-Konzerns Samsung hoch geschätzt, der pro Jahr 450 000 Dollar zur Förderung von Dressur und Springreiten in jenen Ländern zur Verfügung stellt, in denen der Pferdesport einen noch nicht mit Europa vergleichbaren Stellenwert aufweist.

Die Berliner Generalversammlung des Weltverbandes, der bisher 94 Länder umfaßte, nahm fünf neue Mitgliedsländer auf, beschloß eine Vielzahl von Regeländerungen, verschärfte die Dopingbestimmungen und nahm Berichte zur Vorbereitung auf die olympischen Reiterwettbewerbe in Barcelona und der Welt-Reiterspiele 1994 in den Niederlanden entgegen.

RUDOLF BARRE