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Versetzt Glaube „Schutt“?

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Wenn's in der DDR nicht vorwärts oder gar rückwärts ging, hatte der Zirkelleiter im Parteilehrjahr stets dieselbe Argumentation parat: Das sei kein Anlaß zu Zweifeln an der Lehre oder gar der Führung. Denn die Revolution sei ja seit dem „Roten Oktober“ anno '17 gewonnen zumindest „im Prinzip“ Die „historische Gesetzmäßigkeit“ des Sieges des Sozialismus hätten nicht nur Lenin, Stalin und Ulbricht (bzw. Chrustschow, Breshnew. Gorbatschow und Honecker), sondern schon Marx und Engels nachgewiesen - und zwar „wissenschaftlich“! Wir hätten's nur mit „den Mühen der Ebene“ zu tun.

Heute erinnert man sich in der Ex-DDR daran. Denn neue Heilslehrer predigen auf altbekannte Weise: Nach der „Revolution“ vom Herbst '89 und der „Einheit“ seien „Aufschwung Ost“, ja. „blühende Landschaften“ bloß eine Frage der Zeit. Man müsse eben nur vorher „den Schutt von 40 Jahren sozialistischer Mißwirtschaft“ beiseiteräumen. Das freilich dauere - lei-

der, leider - länger als erwartet. Damit das Volk unverzagt an die frohe Botschaft glaubt, braucht's natürlich ab und zu eine Ermunterung. Auch und gerade von Seiten der Oppos. , pardon, der SPD.

Vorige Woche war Berlins Wirtschaftssenator Meisner damit dran. Als „Erfolgsmodell“, gerade für „Mittelstand“ und „Existenzgründer aus dem Osten“, pries er den Verkauf nicht mehr benötigter Immobilien einst volkseigener Betriebe: 141 (in Worten: einhunderteinundvierzig) Verträge wurden seit Frühjahr '91 beurkundet - in anderthalb Jahren! Davon ganze 33 mit Ost-Firmen. Zum Durchschnittspreis von 70 Millionen DM.

Das habe nichts mit „Aufschwung“ oder gar dem „Mittelstand“ im Osten zu tun hat, meinen Sie? Stimmt. Doch Meisner ist zwar Wirtschaftssenator, aber von Beruf Theologe, war auch medienpolitischer SPD-Sprecher So wird er wohl denken: Der Glaube versetzt Berge - warum da nicht auch Schutt. -laus

HEINRICH WEISS: Liebhaber offener Worte Telefoto: dpa

Der 50jährige erfolgreiche Unternehmer, seit Anfang vergangenen Jahres BDI-Verbandschef, galt lange als Vorzeigemanager neuen Typus. Immer gut gelaunt, charmant, kommunikativ; Liebhaber klassischer Musik. Leider auch offener Worte. Die Behauptung, daß die Ost-West-Angleichung in zwei, drei Jahren zu schaffen sei, nannte er einen „historischen Fehler “..Unterdessen vermutet er, daß die Angleichung Ost ein Dutzend Jahre braucht. Bei seinen Kollegen bemängelte er Pioniergeist. Da mag er Recht haben, nur sagt man das eben nicht (vor-)laut.

Weiss hat eine Pilotenlizenz und ist Motorsportfan. 1986 gewann er auf dem Hockenheimring. Beim Vereinigungs-Rennen ist er zwar nicht aus der Kurve geflogen, fuhr aber an die Boxen. Sollen sich doch andere weiter im Kreis drehen, mag er gedacht haben.

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