Ballett der Einkaufswagen

Aktionstag für bewusstes Konsumverhalten

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
Am heutigen Sonnabend wird in verschiedenen deutschen Städten mit einem Konsumboykott zum dritten Mal der »Buy-Nothing-Day« begangen.
Kauf nichts - einen Tag lang nur! Dieser Aufforderung nachzukommen, scheint schwer: Die Einkaufsmöglichkeiten schieben sich immer mehr in bisherige Ruhezeiten hinein, Einkauf wird in der Hoffnung auf Umsatzsteigerung zum Erlebnis deklariert, und die Werbebilder eines glücklichen Lebens prasseln von allen Seiten auf die potenziellen Konsumenten ein. Für viele ist der tägliche Einkauf zur kleinen Befriedigung oder gar zur Sucht geworden. Für andere bringt Einkaufen die sich wiederholende Einsicht, zu wenig in der Geldbörse zu haben, - und kann deshalb zur endlosen Hatz nach Sonderangeboten werden.
Wenige Feier- oder Gedenktage im Jahr sind bisher dafür vorgesehen, dem Druck des Konsums auszuweichen. Zusätzlich wurde vor elf Jahren in Kanada der »Buy-Nothing-Day« kreiert, der inzwischen in 80 Ländern seine Anhänger findet. In Nordamerika setzte nach den Truthahn-Orgien des Erntedankfests regelmäßig Erschöpfung ein, so dass sich hier der eintägige Konsumverzicht elegant platzieren ließ. In diesem Jahr hatten sich nach einer Umfrage 62 Prozent der US-Amerikaner entschlossen, am 28. November nichts zu kaufen. Initiiert wurde der Aktionstag u.a. von Kalle Lasn, der seine Erfahrungen aus der Werbebranche gegen die Kommerzkultur einsetzt. Dazu gründete er die Adbusters Media Foundation, die »Unzeigen« in den Medien lanciert.
Mit dem eintägigen Kaufboykott ist vor allem die Absicht verbunden, das eigene Bewusstsein für die Folgen menschlichen Handelns zu schärfen. Denn jede Kaufentscheidung hat ökologische, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen - etwa auf die Produzenten in der globalisierten Welt. Außerdem soll die endlose Kette von Konsum- und Arbeitshetze durchbrochen werden. Und die Anhänger der Bewegung scheinen die Hoffnung auf eine Weltveränderung von unten noch nicht aufgegeben zu haben: »Die leuchtende Hoffnung auf eine Revolution des menschlichen Bewusstseins liegt in den Aktionen der gewöhnlichen Leute«, heißt es auf einer der Webseiten zum Buy-Nothing-Day.
In Deutschland findet der Kauf-nichts-Tag zum dritten Mal statt - und zwar immer am letzten November-Sonnabend. Ein schwieriger Termin, da der Einzelhandel an diesem Tag massiv auf das Adventsgeschäft setzt. Dennoch sind in verschiedenen deutschen Städten Veranstaltungen geplant - etwa in Dresden mit einem Umsonstladen und in Berlin mit einer Podiumsdiskussion zum Thema »Konsum-Macht-Leben?« in der Volksbühne sowie mit einer Demonstration samt Einkaufswagenballett. Die Organisatoren setzen aber auch auf die Phantasie der Interessierten - jeder ist sein eigener Veranstalter, wird propagiert. Eine Möglichkeit: viel Zeit in Supermärkten und Kaufhäusern verbringen, ohne etwas zu kaufen.

Infos unter:
www.buynothingday.narra.de
www.Adbusters.org
www.buynothingchristmas.org
www.abfallgut.de
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