Noch ein Kuss - zum 30.

Kleines Theater mit Jubiläumsprogramm

  • Oliver Renn
  • Lesedauer: 2 Min.
Vor 30 Jahren und ein paar Tagen eröffnete im gern als verschlafen bezeichneten Stadtteil Friedenau ein Privattheater. Angeblich muss man dort weder Feuerwehrmann noch Bühnenmeister in der Hinterhand haben. Ein SFB-Redakteur unkte seinerzeit, dass die Bühne kein halbes Jahr überlebt. Die Anwohner vom Südwestkorso waren über die passend zu den nur 99 Plätzen »Kleines Theater« getaufte Einrichtung ohnedies nicht sonderlich begeistert, galt es doch als Ableger des betont kritischen Studentenkabaretts. Entsprechend mussten in der Anfangszeit Zuschauer aus angrenzenden Stadtteilen angelockt werden. Doch bald stieg das »Kleine« zum Insidertipp auf - Gerd Fröbe und andere »Namhafte« gastierten. Ein Stück war gar so gefragt, dass es 2222 Vorstellungen auf den Plan rief. Es war die musikalische Revue »Das Küssen macht so gut wie kein Geräusch«. Jetzt wird daran erinnert. Drei ältere Herrschaften, David Schroeder, der zuletzt beim Spandauer Kultursommer von sich reden machte, und die beiden »Goldbecks« stehen dabei in greller Kostümierung und meist etwas hilflos auf der Bühne. Überdies singen sie und spielen Klavier, fahren Friedrich Hollaender-Kompositionen gegen die Wand, trinken - analog zum Gedanken von »Noch ein Kuss!«, der die im Keller der Bühne lagernden Erfolgsstücke mit Jahrgangsweinen assoziiert - viel Wein, den sie ab und an auch mit dem Publikum teilen und reißen manche Zote. Seltener glänzen sie mit Bemerkungen, die den Namen karikierte Zeitreise oder gar Kabarett verdienen. Wirklich gute Ansätze finden sich in dem Programmblock, der an die Produktion »Der heiße Beichtstuhl« anlehnt - in Form süffisanter Bemerkungen gegen die Kirche. Andere Stellen, vor allem die »17 Morde in 8 Minuten«, zeugen überdies davon, dass die drei trotz der besonders peinlichen »Stroganoff«-Interpretation wirklich singen können. Schlager und Arien gleichermaßen. Nur gut, dass das Kleine Theater bei aller Feierstimmung auch in den Geburtstagswochen sein reguläres Repertoire fortsetzt, das sich so abwechslungsreich gestaltet, dass es schwer in eine Schublade zu stecken ist. Besonders empfehlenswert ist etwa »Dalida - Arnold Krohne singt um ihr Leben«. »Noch ein Kuss! Mit viel Geräusch zum Dreißigsten«, Kleines Theater, Südwestkorso 64, Friedenau, Tel.: 8212021. Nächste Vorstellungen: 2.12., 16.12., 26.12 und 27.12. je 20 Uhr, sowie am 21.12 um 18 Uhr. »Dalida« am 17. und 18. Dezember, jeweils 20 Uhr
Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal