Öffentliche Seminare an ungewöhnlichen Orten

Studentenproteste gehen in die vierte Woche

  • Stefan Mentschel
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Studierende haben auch am Montag ihre vielfältigen Protestaktionen gegen die Sparpolitik des rot-roten Senats fortgesetzt. In den kommenden zwei Jahren sollen die hauptstädtischen Universitäten rund 50 Millionen Euro zur Haushaltskonsolidierung beitragen. Bis 2009 sollen sie weitere 75 Millionen Euro einsparen.
Im Rahmen einer öffentlichen Vorlesung am Bahnhof Friedrichstraße suchten Studierende des von Schließung bedrohten Instituts für Bibliothekswissenschaften der Humboldt-Universität (HU) nach der »Nadel im Heuhaufen«. Damit spielten sie auf die gewachsenen Anforderungen für Bibliothekare und Archivare im Bereich der neuen Medien an.
Wenige hundert Meter weiter hatten es sich zwei Seminargruppen des Germanistik-Instituts zwischen den Regalen der Buchhandlung Kiepert bequem gemacht. »Wir unterstützen die Aktion«, sagte Geschäftsleiterin Ursula Schneider. Denn auch die Universitätsbuchhandlungen seien von den Kürzungen im Bildungsbereich betroffen. Einerseits, da Bibliotheken kaum noch Bücher ordern würden, andererseits, weil es viele Studierende vorzögen, teure Literatur zu kopieren anstatt zu kaufen. Inhaber Robert Kiepert zeigte ebenfalls Verständnis.
Am Potsdamer Platz starteten gestern Physikstudenten aller drei Universitäten die »längste Vorlesung der Welt«. Bis Donnerstag sollen rund um die Uhr alle Bereiche der Physik - vom Atomaufbau über die Quantentheorie - behandelt werden.
Studierende und Dozenten der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der HU werden noch bis Mittwoch sämtliche Lehrveranstaltungen vor dem Roten Rathaus abhalten. Angehende Mathematiker der Freien Universität haben sich ihnen angeschlossen. Mit den öffentlichen Seminaren könnten Lehre und Protest sinnvoll kombiniert werden, betonte Mathematik-Student Felix Breuer. Seit über einer Woche halten zudem Aktivisten eine Mahnwache vor dem Rathaus aufrecht.
Die Kontakte zu anderen von den Kürzungen im Bildungs- und Sozialbereich betroffenen Gruppen wurden am Montag ebenfalls vertieft. So trafen sich an der HU Studierenden unter anderem mit Vertretern von Obdachloseninitiativen zu einem »Runden Tisch der Schwarzen Peter«. Der Landeselternausschuss der Berliner Kindertagestätten veranstaltete seine Vollversammlung an der Humboldt-Universität.

Heute:
Dummes Volk regiert sich leicht?
Bei der Bildung gehts ums Ganze!« Vorlesungsreihe und Podiumsdiskussion, 10 bis 14 Uhr, HU-Audimax
Aktionstag Europäische Ethnologie, 10 bis 17 Uhr, Lustgarten
«Uni's - Die Dispositionsmasse einer unfähigen Stadtpolitik?« Podiumsdiskussion, 18 Uhr, TU-Mathegebäude, Straße des 17. Juni
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