ETA-These war manipuliert

Empörung in Spanien über Desinformations-Direktiven nach dem Anschlag

  • Lesedauer: 2 Min.
Neue Vorwürfe über systematische Manipulation der Medien nach den Madrider Anschlägen haben die scheidende Regierung von Ministerpräsident Aznar weiter in Bedrängnis gebracht.
Madrid (ND/Agenturen). Journalisten der spanischen Nachrichtenagentur EFE sprachen von »Zensur« und berichteten, sie hätten auf Anweisung der Chefredaktion Hinweise auf islamistische Täter zurückhalten müssen. Sie forderten den Rücktritt von Nachrichtenchef Miguel Platon, weil er eine objektive Berichterstattung über die Ermittlungen unterbunden habe. Er habe der Agentur »ein System der Manipulation und Zensur« auferlegt, hieß es in einer Erklärung. Dies habe darauf gezielt, der konservativen Regierung von José María Aznar zur Wiederwahl zu verhelfen. EFE habe seit Donnerstagmorgen, dem Morgen der Anschläge, von einem verdächtigen, in arabischer Sprache eingestellten Mobiltelefon gewusst, dies jedoch auf ausdrückliche Anordnung nicht veröffentlichen dürfen. Der Chef des Madrider Vereins der Auslandskorrespondenten, Steven Adolf, warf der Regierung vor, ausländische Journalisten mutwillig irregeführt zu haben. Am Abend des Anschlagstags hätten »mehrere offiziell akkreditierte Korrespondenten einen Anruf vom Informationsministerium erhalten mit der Bitte, in ihren Artikeln ausdrücklich zu erwähnen, dass die ETA die Taten beging«, hieß es in Adolfs Protestnote. Derweil kursierten sogar Spekulationen, die Konservativen hätten vor den Wahlen am Sonntag einen »Putsch« anzuzetteln versucht. Kritik kam auch von UNO-Generalsekretär Kofi Annan. Angesichts der Verabschiedung einer offenbar auf falschen Informationen beruhenden Resolution gegen die ETA sollten »alle einschließlich der Mitglieder des UN-Sicherheitsrates daraus eine Lektion lernen«, sagte Annan. Unterdessen verschärfte Spanien aus Furcht vor neuen Anschlägen drastisch die Sicherheitsvorkehrungen. Es sei auch der Einsatz der Armee zum Schutz von Flug- und Seehäfen, Bahnhöfen sowie anderen strategischen Einrichtungen vorgesehen, teilte Innenminister Angel Acebes am Mittwoch mit. Es würden auch jene Orte besonders geschützt, an denen viele Menschen zusammenkämen, wie Sportarenen oder Konzerthallen. Nach den Anschlägen vom 11. März mit 201 Toten fahndet die spanische Polizei nach mindestens 20 Marokkanern. Laut Medienberichten identifizierten Ermittler inzwischen einen Islamisten als Sprecher des Bekennervideos. Innenminister Acebes sagte, die Ermittlungen seien »in einer entscheidenden Phase«. In Deutschland focussiert sich die Debatte nach den Anschlägen auf eine Zentralisierung der Sicherheitsstrukturen.
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