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SPD vor Linkskartell mit PDS gewarnt

CDU-Landesparteitag: Bekommt Diepgen durch Weizsäcker oder Scholz Konkurrenz?

  • Michael M?ller
  • Lesedauer: 3 Min.

Die CDU könne sich keinen permanenten Wahlkampf leisten, deshalb stünde jetzt die Sacharbeit im Mittelpunkt. So Berlins CDU-Generalsekretär Ernst vor dem Landesparteitag vom Wochenende in der Kongreßhalle am Alex. Auch über den Spitzenkandidaten seiner Partei zu den Berliner Wahlen '95 sei die Entscheidung erst für den kommenden Mai geplant.

Dem Beifall nach schienen denn auch alle beruhigt, in ihrem Landeschef Diepgen ihren neuerlichen Wahl-Spitzenkandidaten zu wissen. Ins Gespräch gebracht wurden am Rande dennoch zwei weitere Namen: Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Ex-Verteidigungsminister Ruppert Scholz. Zwar kaum vorstellbar, daß sich einer von ihnen tatsächlich vorn auf den talwärts gleitenden hauptstädtischen CDU-Schlitten setzen wird. Aber Namensdiskussionen können, wie die Berliner SPD es mit der Leuchtrakete

Daimler-Chef Reuter zeigte, unter bestimmten Umständen eine Eigendynamik mit überraschenden Spätfolgen entwickeln (Rücktritt von Parteiund Fraktionschef Staffelt).

Und solche „bestimmten Umstände“, nämlich vor allem Stagnation, existieren ebenso in der Berliner CDU. Dies zeigte der mit „Sacharbeit“ angekündigte Parteitagsverlauf. Auch wenn u. a. mit einem Tagesordnungspunkt wie „Sicherheit als Lebensqualität“ ein Thema berührt wurde, das tatsächlich aus dem Problem-Leben dieser Stadt gegriffen war (Ausführlich in der morgigen Ausgabe.) Was Landeschef Diepgen dagegen an Analyse und Ausblick bot, war zwar stellenweise laut, aber ebenso sprunghaft wie konturlos.

„Eine Lehrstunde, die wir gemeinsam bestehen müssen, besteht darin, daß die gesamte Stadt aus den alten Nischen noch heraus muß“, referierte er. Aber dafür, wie und warum

die Berliner angesichts einer für 1995 neuerlich zu erwartenden Lohneinbuße von sechs bis acht Prozent Brutto sich gerade unter der CDU-Flagge sammeln sollten, hatte er keinerlei neue Antworten. Allenfalls noch eine deutsch-nationale: Selbst 200 Milliarden Mark Investitionen in den nächsten zehn Jahren würden die Arbeitsmarktlage nicht rosiger werden lassen. Deshalb ginge es nicht, „daß man auf Baustellen auf Dauer nur Leute trifft, die eine völlig fremde Sprache sprechen“

Diepgen warnte dann die SPD vor „einem Linkskartell in der Stadt“ Immerhin verfolgen „wesentliche Teile der PDS eindeutig verfassungswidrige Ziele“ Sie gehöre deshalb bekämpft.

In der Diskussion wurde gerade dieses Thema erwartungsgemäß vertieft. Lehmann-Brauns (MdA) sprach den PDS-Wählern jegliche politische Weisheit ab. Und er stellte sie gleich noch in die

Reihe mit denen, die im Nachbarland einen „Stasi-Kollaborateur wie Herrn Stolpe“ gewählt haben. Weshalb u. a. eine Fusion mit Brandenburg politisch auch höchst verfehlt wäre. (Viel Beifall!) Herr Hassemer (Umweltsenator) hatte es dagegen noch nicht aufgegeben. Er sei sich sogar sicher, daß die CDU „einen Anteil der PDS-Wähler von deutlich über 30 Prozent erreichen werde“ Alles nur eine Frage des eigenen Kampfes und der Zeit.

Allerdings scheint es besonders mit der „Kampfkraft“ der Ostberliner CDU (rund 2 000 Mitglieder) nicht zum Guten bestellt zu sein. Vize-Landeschefin Hofmann machte da als Ursachen in den Reihen u. a. auch „alte SED-Mitglieder, Opportunisten“ aus. Aber gerade die fielen „durch Aktivitäten auf, würden „aus Mangel an Alternativen“ sogar in die Vorstände gewählt. - Bei der CDU scheint also mehr los zu sein, als man gemeinhin annimmt.

MICHAEL MULLER

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