Wie gewaltfrei erziehen?

Iris Töpsch

Ines Töpsch ist Vorsitzende des Kreisverbandes Sangerhausen des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB).

ND: Der Deutsche Kinderschutzbund ruft für heute erstmals zum »Tag für gewaltfreie Erziehung« auf. Warum braucht es solch einen Tag?
Töpsch: Weil in unserer Gesellschaft wenig bekannt ist, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben. Viele Eltern und Kinder wissen darüber kaum Bescheid. Seit 1979 bemüht sich der Kinderschutzbund darum, Gewalt in der Erziehung zu ächten. Es hat bis November 2000 gedauert, bis dieses Recht im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert wurde. Aber selbst das hat noch zu keinem grundlegenden Bewusstseinswandel in der Gesellschaft geführt. Entsprechende Umfragen brachten erschreckende Ergebnisse.

Inwiefern?
Lediglich 50 Prozent der Kinder sagen, dass Schläge eine Missachtung ihrer Persönlichkeit darstellen und nur 72 Prozent gaben an, dass sie später ihre Kinder ohne Schläge erziehen wollen.

Jetzt gibt es viele sicherlich nicht böswillige Eltern, die sagen, ein kleiner Klaps auf den Po hat noch niemandem geschadet. Wann ist für sie die Grenze zur Gewalt überschritten?
Das Problem ist doch, dass die Gewalt meist im Kleinen anfängt. Mit einer Ohrfeige geht es los und dann sinkt die Hemmschwelle. Wenn Eltern erst einmal angefangen haben, die Grenzen des Kindes nicht mehr zu achten, dann rutscht die Hand immer häufiger aus.

Schläge tun weh, aber auch Worte können verletzen ...
Genau, es gibt nicht nur die körperliche Gewalt, unter der Kinder zu leiden haben. Oft ist es die Familienstruktur, in der zum Beispiel der Vater uneingeschränkt herrscht, demütigt und erniedrigt. Das kann ebenso schlimme Folgen haben wie der Schlag ins Gesicht. Es gibt aber noch eine dritte Form der Gewalt, die in der Öffentlichkeit kaum wahr genommen wird: die materielle Gewalt.

Was meinen Sie damit?
Soziale Unsicherheit und sinkende Familieneinkommen sind zu einer Gefahr für die Stabilität von Familien geworden. Gerade das Selbstwertgefühl von Kindern leidet unter solchen Verhältnissen.

Der Kinderschutzbund bietet unter dem Motto »Starke Eltern - starke Kinder« Elternkurse an. Was können Eltern in solchen Kursen lernen?
Ziel ist es, Eltern Alternativen zur Gewalt aufzuzeigen. Sie sollen lernen, wie man in Konfliktsituationen, die es in der Erziehung zuhauf gibt, entschärft. Dies geschieht durch Gespräche und Rollenspiele. Allerdings können diese Kurse kein Ersatz für möglicherweise notwendige Therapien sein. In solchen Fällen verweisen wir die Betroffenen auf die entsprechend ausgebildeten Psychologen und Therapeuten.

Ist die Hemmschwelle nicht groß, sich in solch einem Kurs als »Gewalttäter« zu outen?
Ja, das ist sie. Es ist nicht leicht, vor anderen - selbst wenn es in einer kleinen Gruppe ist - über solch ein Tabu zu reden. Der Kinderschutzbund bietet allerdings auch die Möglichkeit von Einzelgesprächen an. Außerdem können Eltern wie Kinder über kostenlose und anonyme Telefonnummern Rat einholen.

Fragen: Jürgen Amendt

»Nummer gegen Kummer« für Kinder: (0800) 1110333,
für Eltern: (0800) 1110550.
ND: Der Deutsche Kinderschutzbund ruft für heute erstmals zum »Tag für gewaltfreie Erziehung« auf. Warum braucht es solch einen Tag?
Töpsch: Weil in unserer Gesellschaft wenig bekannt ist, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben. Viele Eltern und Kinder wissen darüber kaum Bescheid. Seit 1979 bemüht sich der Kinderschutzbund darum, Gewalt in der Erziehung zu ächten. Es hat bis November 2000 gedauert, bis dieses Recht im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert wurde. Aber selbst das hat noch zu keinem grundlegenden Bewusstseinswandel in der Gesellschaft geführt. Entsprechende Umfragen brachten erschreckende Ergebnisse.

Inwiefern?
Lediglich 50 Prozent der Kinder sagen, dass Schläge eine Missachtung ihrer Persönlichkeit darstellen und nur 72 Prozent gaben an, dass sie später ihre Kinder ohne Schläge erziehen wollen.

Jetzt gibt es viele sicherlich nicht böswillige Eltern, die sagen, ein kleiner Klaps auf den Po hat noch niemandem geschadet. Wann ist für sie die Grenze zur Gewalt überschritten?
Das Problem ist doch, dass die Gewalt meist im Kleinen anfängt. Mit einer Ohrfeige geht es los und dann sinkt die Hemmschwelle. Wenn Eltern erst einmal angefangen haben, die Grenzen des Kindes nicht mehr zu achten, dann rutscht die Hand immer häufiger aus.

Schläge tun weh, aber auch Worte können verletzen ...
Genau, es gibt nicht nur die körperliche Gewalt, unter der Kinder zu leiden haben. Oft ist es die Familienstruktur, in der zum Beispiel der Vater uneingeschränkt herrscht, demütigt und erniedrigt. Das kann ebenso schlimme Folgen haben wie der Schlag ins Gesicht. Es gibt aber noch eine dritte Form der Gewalt, die in der Öffentlichkeit kaum wahr genommen wird: die materielle Gewalt.

Was meinen Sie damit?
Soziale Unsicherheit und sinkende Familieneinkommen sind zu einer Gefahr für die Stabilität von Familien geworden. Gerade das Selbstwertgefühl von Kindern leidet unter solchen Verhältnissen.

Der Kinderschutzbund bietet unter dem Motto »Starke Eltern - starke Kinder« Elternkurse an. Was können Eltern in solchen Kursen lernen?
Ziel ist es, Eltern Alternativen zur Gewalt aufzuzeigen. Sie sollen lernen, wie man in Konfliktsituationen, die es in der Erziehung zuhauf gibt, entschärft. Dies geschieht durch Gespräche und Rollenspiele. Allerdings können diese Kurse kein Ersatz für möglicherweise notwendige Therapien sein. In solchen Fällen verweisen wir die Betroffenen auf die entsprechend ausgebildeten Psychologen und Therapeuten.

Ist die Hemmschwelle nicht groß, sich in solch einem Kurs als »Gewalttäter« zu outen?
Ja, das ist sie. Es ist nicht leicht, vor anderen - selbst wenn es in einer kleinen Gruppe ist - über solch ein Tabu zu reden. Der Kinderschutzbund bietet allerdings auch die Möglichkeit von Einzelgesprächen an. Außerdem können Eltern wie Kinder über kostenlose und anonyme Telefonnummern Rat einholen.

Fragen: Jürgen Amendt

»Nummer gegen Kummer« für Kinder: (0800) 1110333,
für Eltern: (0800) 1110550.

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