Keiner sagt, Mensch Müller, das war doll

Führungswechsel bei der SPD mit Beifall/Kein Kurswechsel, doch neue Aspekte

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Ihren neuen Vorsitzenden stellte die Berliner SPD gestern unter das Parteitagsmotto: »Neue Stärke für Berlin«. Die muss der Partei anlässlich der jüngsten Wahlschlappe mit unter 20 Prozent auch dringend erforderlich erscheinen. Dazu wartete Michael Müller in einer Grundsatzrede mit neuen Akzenten auf. Die SPD dürfe nicht in der nächsten Wahl nur über finanzpolitische Themen wahrgenommen werden, meinte der neue Landesvorsitzende. Es gehe nicht um einen Kurswechsel, auch nicht um die Erfindung neuer Schwerpunkte. Wenn aber die Politik nicht »bei den Betroffenen ankommt«, nicht erlebbar werde, sei »der Wurm drin«. Noch nie sei es ihm bei Abenden in der Schule seiner beiden Kinder widerfahren, dass ihm Eltern auf die Schulter geklopft und gesagt hätten: »Mensch Müller, das habt ihr aber doll gemacht, so was Schönes beschlossen und sogar die Mittel sind da.« Genau das Gegenteil sei der Fall. Es müsse klar werden, wofür die Sozialdemokratie stehe, meinte er insbesondere mit Blick auf die heftig kritisierte Sozialpolitik. Eine stärkere Einmischung in bundespolitische Themen kündigte Michael Müller an, und für Berlin einen stärkeren Akzent in der Wirtschaftspolitik. In der Stadt brauche man verstärkt Produktion. Es könne nicht sein, dass wir die »Hauptstadt der Caféhäuser und Handyläden« sind. Von der BVG forderte er angesichts »horrender Zuschüsse« des Landes für den Landesbetrieb die Wiedereinführung des Sozialtickets spätestens 2005. Michael Müller sprach sich gegen eine Privatisierung von Betrieben der Daseinsvorsorge wie BVG, BSR, Krankenhauskonzern Vivantes und gegen den Verkauf der noch 50-prozentigen Landesbeteiligung an den Wasserbetrieben sowie weiterer Wohnungsbaugesellschaften aus. Vor Parteitagsbeginn im Palais am Funkturm hatten Gewerkschafter ein Ende des Sozialabbaus und der Privatisierung von Landesvermögen in Berlin gefordert. Im Plenum ging es besonders nach der Rede von Bundesgeschäftsführer Klaus-Uwe Benneter weiter. Die Sozialdemokraten machten »Politik für die Reichen« klagte einer, niemand müsse mehr befürchten, die SPD sei eine Partei des öffentlichen Dienstes ein anderer. »Warum soll man das Plagiat unterstützen, wenn man das Original Merkel, Merz und Westerwelle hat«, beschwerte sich ein weiterer Delegierter. »Wir müssen die Herzen der Menschen wieder erreichen«, lautete eine Mahnung. »Wir haben sieben Wahlkämpfe hintereinander verloren, das ist kein Kommunikationsproblem«, eine bittere Erkenntnis. Aus der Hoffnung, dieses Tal verlassen zu können, speiste sich mehrfach starker Beifall für Michael Müller. Diesen und Delegierte, die sich von den Plätzen erheben, gab es auch für Peter Strieder. Dem zurückgetretenen Landesvorsitzenden und Ex-Supersenator war zwar nicht das Wort erteilt, doch nahm er es, um Dank zu quittieren - und die »Freude, dass ich endlich gehe«. Vize-Landeschefs wurden MdA Iris Spranger (79,7 Prozent), der Kreischef von Mitte, Christian Hanke (75 Prozent), der BVV-Fraktionschef von Charlottenburg-Wilmersdorf, Marc Schulte (71 Prozent), und Ex-Finan...

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