Warnung an Gewerkschaften, Rot-Rot abzuwählen

Michael Müller neuer Berliner SPD-Landesvorsitzender /Nur mäßiger Beifall für Generalsekretär Benneter

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Das soziale Profil des Berliner Landesverbandes der SPD stand neben Personalentscheidungen auf einem Parteitag im Mittelpunkt.
Zum neuen Vorsitzenden der Berliner SPD wählte ein Parteitag gestern Michael Müller, bisher stellvertretender Landesparteichef und weiterhin Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion im Abgeordnetenhaus. Der 39-jährige selbstständige Drucker hatte keinen Gegenkandidaten und erhielt eine deutliche Mehrheit von 87,6 Prozent der rund 200 Delegierten. Scharfe Kritik an rot-grüner Bundespolitik musste SPD-Generalsekretär Klaus-Uwe Benneter anhören. In der Debatte hieß es wiederholt, die Sozialdemokratie treffe unsoziale Maßnahmen und sei nicht mehr Partei der »kleinen Leute«. Nach den Wahlen sei die Enttäuschung zu Recht groß, räumte Klaus-Uwe Benneter ein. Es könne kein einfaches »Weiter so« geben. »Wir müssen als Partei des Fortschritts und der sozialen Gerechtigkeit erkennbar sein«, sagte er. Der Staat solle solidarisch, sozial und zukunftsgerecht weiterentwickelt und zukunftssicher gemacht werden. »Wir sind und bleiben die Partei der sozialen Gerechtigkeit«, rief er aus. Die SPD brauche die Gewerkschaften und auch diese würden auf Dauer ohne die Sozialdemokraten »nicht durchsetzungsfähig« sein können. Der Generalsekretär wandte sich gegen »Gequatsche über Personen« und »Weltuntergangsgerede«. Das führe die Partei noch weiter »ins Tal«. Nur mäßiger Beifall war Lohn der rhetorischen Mühe des Berliners. Sympathiebekundungen erntete hingegen Michael Müller, der in seiner Grundsatzrede »neue Akzente« ankündigte. Der Politiker wartete mit einer positiven Halbzeitbilanz der rot-roten Koalition auf. Sie sei »sehr stabil« und arbeite vertrauensvoll zusammen. Gemeinsam sei viel für das Zusammenwachsen dieser Stadt getan worden. An die Gewerkschaften, auf die man »einen Schritt zugehen« wolle, richtete Michael Müller angesichts ihrer Mitwirkung am Volksbegehren für Neuwahlen eine Warnung. Es werde von einigen »mit dem Feuer gespielt«, sagte er insbesondere mit Blick auf die Gewerkschaften Erziehung und Wissenschaft und der Polizei. »Wer sich an so einem Volksbegehren beteiligt, der will, dass Rot-Rot abgewählt wird.« Dann aber drohe Schwarz-Gelb mit einem Programm, das durchaus bekannt sei. Der neue Vorsitzende wird den pragmatischen Linken zugerechnet und folgt Peter Strieder, der im Zuge der Affäre um Finanzspritzen des Landes für die Berliner Kulturstätte »Tempodrom« von allen politischen Ämtern zurückgetreten war. Seit 1999 hatte Strieder an der Spitze der Berliner SPD gestanden. Er galt als Architekt des Wechsel der Berliner SPD von der großen Koalition zum Bündnis mit der PDS, und ihm wurde mit viel Beifall gedankt.
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