SPD-Spitze bleibt bei Hartz IV hart

Partei-Linke und Gewerkschaften drängen auf Korrekturen/Sorge bei Ost-Sozialdemokraten

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Während Gewerkschafter und einzelne Sozialdemokraten auch am Dienstag Nachbesserungen bei der für 2005 geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe gefordert haben, lehnt die SPD-Spitze eine Verschiebung von Hartz IV ab.
Berlin (Agenturen/ND). Eine Verschiebung der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe kommt für die SPD-Spitze offenbar nicht in Frage. »Es verbessert nichts, verändert nichts, verzögert nur«, sagte Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement am Dienstag. Auch die grüne Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt wies Kritik am Arbeitslosengeld II zurück. DGB und SPD-Linke dringen aber weiter auf Korrekturen. Eine komplette Rücknahme von Hartz IV statt bloßer Kosmetik forderte die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau. Langzeitarbeitslose, die von 2005 an keine finanzielle Unterstützung mehr erhalten, sollen nach Angaben der SPD-Abgeordneten Karin Roth Angebote zur Weiterbildung erhalten. Weil mit dem Hartz-IV-Gesetz die Anrechnungsvorschriften von Vermögen und Einkommen der Ehegatten verschärft werden, bekommen vor allem langzeitarbeitslose Frauen oft kein Arbeitslosengeld II. Die Zahl der Betroffenen wird auf 500000 beziffert. Die dem linken SPD-Flügel zugerechnete Andrea Nahles plädierte für eine Abmilderung der geplanten Leistungseinschränkungen. Juso-Chef Björn Böhning hält einen Aufschub von Hartz IV für nötig, damit »nicht die Kürzungsthematik im Vordergrund steht«. Unterdessen erklärte der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner mit Blick auf die laufenden Verhandlungen im Vermittlungsausschuss: »Wenn wir bis zum 30. Juni keine Einigung haben, dann sehe ich keine Möglichkeiten mehr, das Projekt umzusetzen.« In diesem Fall wäre er dafür, »das Gesetz rückabzuwickeln«. Auch die Bundesagentur für Arbeit warnte vor weiterem Parteienstreit. Sollte bis Mitte Juli keine Einigung beim Optionsgesetz gefunden sein, seien die Ämter wahrscheinlich zu Abstrichen bei der Betreuung der Arbeitslosengeld-II-Empfänger gezwungen. Das Optionsgesetz soll den Kommunen die Möglichkeit geben, Langzeitarbeitslose in eigener Regie zu betreuen. Die Behörde bezweifelt zudem, dass es bis zum 1. Januar in den Arbeitsagenturen genügend geschulte Berater für die Arbeitslosengeld-II-Empfänger gibt. Indes deutet sich im Streit zwischen Bund und Ländern Bewegung an. Eine Arbeitsgruppe vereinbarte am Dienstag, »mit Hochdruck« noch in dieser Woche weiterzuverhandeln. Der Chef der Chemiegewerkschaft IG BCE, Hubertus Schmoldt, hat eine Änderung der Zumutbarkeitsregeln und die Erhöhung der Mittel für Bezieher des künftigen Arbeitslosengeldes II gefordert. Ein Sturmlauf der Arbeitnehmervertreter ist Schmoldt zufolge aber nicht zu erwarten: Es gehe den Gewerkschaften um eine »Korrektur im Detail«, nicht um einen grundsätzlichen Kurswechsel. Dagegen stellte Bayerns DGB-Chef Fritz Schösser den Kurs von Rot-Grün prinzipiell in Frage. Er kündigte an, sich nach zwei Legislaturperioden nicht erneut um ein SPD-Bundestagsmandat zu bewerben. Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer nannte dies »sehr gut nachvollziehbar«. Inzwischen wächst unter ostdeutschen Sozialdemokraten die Furcht vor einem Fall der Partei in die Bedeutungslosigkeit. Er habe die Sorge, dass die SPD bei der Landtagswahl in Sachsen um den Wiedereinzug ins Parlament kämpfen muss, so der Bundestagsabgeordnete Stephan Hilsberg.
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