AKW-Proteste unglaubwürdig

Grüner Umweltexperte kritisiert Parteifreunde und Anti-Atom-Bewegung

Stell dir vor - auf Deutschlands Straßen wird Atommüll transportiert und die Anti-AKW-Bewegung macht Sommerpause. Ein undenkbares Szenario? Keineswegs. Gleich drei Atommüllexporte sollen in den nächsten Tagen von verschiedenen Standorten per LKW nach Bremerhaven gebracht und von dort zum atomaren Zwischenlager Savannah Rivers in die USA verschifft werden. 60 abgebrannte Brennelemente stammen vom Forschungsreaktor Jülich in Nordrhein-Westfalen, 33 Elemente vom Berliner Hahn-Meitner-Institut und die gleiche Menge soll vom Forschungsreaktor Geesthacht bei Hamburg auf den Weg gebracht werden. Ein derart reger Atomverkehr müsste eigentlich die Anti-AKW-Bewegung mobilisieren. Schließlich bereitet man sich dort seit Monaten mit Info-Veranstaltungen und Probeblockaden auf den mehrmals verschobenen TagX vor, an dem Brennelemente vom stillgelegten Forschungsreaktor Roßendorf ins Zwischenlager Ahaus an der holländischen Grenze transportiert werden sollen. Kreative Autobahnblockaden sind angekündigt. Aber Protestaufrufe gegen die Transporte nach Bremerhaven sucht man vergeblich. Nur wenige Aktivisten wissen überhaupt davon. All diese Informationen hat der energiepolitische Sprecher der Berliner Grünen Hartwig Berger gesammelt - aus allgemein zugänglichen Quellen. So veröffentlicht das Bundesamt für Strahlenschutz die Liste der Transporte unter www.bfs.de. Die Homepage ist meist auch eine gute Quelle für Anti-AKW-Initiativen. Doch nicht mal die Presse hat die atomaren Transporte bisher wahrgenommen, klagt Berger. Man müsse über das große Interesse bei Atommülltransporten innerhalb Deutschlands und die ebenso große Ignoranz bei atomaren Frachten, die das Land verlassen, nachdenken, mahnt der grüne Umweltexperte. »Es ist politisch ein runder Widerspruch, einerseits mit berechtigten Argumenten die geplante Atommüllverschiebung aus Roßendorf/Sachsen nach Ahaus zu kritisieren und andererseits einen Transport über die Grenzen hinzunehmen.« Bei dieser Kritik spart Berger seine grünen Parteifreunde in Regierungsverantwortung nicht aus. Er mahnt eine parlamentarische Initiative an, mit der die bisher ungeklärte Endlagerung von Atommüll aus Forschungsreaktoren eindeutig geregelt wird. Dabei stützt er sich auf die aktuelle grüne Programmatik. Dort wird eine standortnahe Lagerung des Atommülls gefordert und die atomaren Transporte abgelehnt. Für Berger ist es eine Frage der eigenen Glaubwürdigkeit, eine solche Initiative zu ergreifen. Er sieht darin eine Unterstützung der US-Umweltbewegung, die seit Jahre...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.