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Wider die weiten Wege der Milch

  • Lesedauer: 2 Min.

Sorgen machen den Bauern die Preise, die aus der Ferne drükken. Ohne Nebenwirtschaft hielte es kaum einer der Landwirte mehr aus. Im Sommer ist er Bauer, im Winter Skilehrer oder Zimmermann. Ob das auf Dauer reicht? Mehr Erfolg verspricht, die Ansässigen und Urlauber wieder an die heimischen Produkte zu führen. „Warum muß die Milch vom Haslital nach Basel, um anschließend als H-Milch oder Joghurt wieder ins Haslital zu gelangen?“ fragt sich nicht nur Hans von Bergen.

In Meiringen, mit 4600 Bewohnern die „Hauptstadt“ des

Tals, lockt ein Laden ausschließlich mit „Haslitaler Spezialitäten“: mehr als 70 Sorten Käse, 15 Joghurtvariationen in Mehrwegbehältern. Der Slogan ist nicht zu überlesen und so unbekannt nicht: „Aus der Region - für die Region“

Zwischen Hasliberg und tiefem, tiefem Tal gibt es, vor allem im Winter, entlegene Ekken. Doch glaube keiner, hier lebten hauptsächlich Hinterwäldler. Madeleine von Weißenfluh zum Beispiel hat zwei Jahre in Australien zugebracht. Daß sie im Berner Oberland seit kurzem als ganz besondere Frau, beinahe als Sensation gilt, hat aber mit anderem zu tun. Seit Jahresanfang ist die Mittfünfzigerin aus Wasserwendi die erste und einzige Bürgermeisterin im gesamten Osten des Kantons. „Als mich der Frauenverband fragte, ob ich nach zwei Jahren Mitgliedschaft im Gemeinderat Hasliberg nicht kandidieren wolle, war ich zunächst etwas unsicher“, gesteht sie. „Inzwischen hat sich das gelegt.“

Den Bürgermeister, pardon: die Bürgermeisterin wählen die Einwohner auf der Gemeindeversammlung direkt. Aber die meisten kommen nicht und wählen nicht; ändert sich eh nichts, meinen sie. An der jüngsten Wahl beteiligten sich jedoch doppelt so viele wie sonst. „Meine Kandidatur schmeckte bestimmt nicht al-

len. Aber ich spürte Neugier und Interesse, auch Respekt.“

Ihr wichtigster Wunsch ist es, der Gemeinde einen arbeitsreichen Weg in die Zukunft zu erleichtern. Das erfordert, mehr Klein- und Mittelindustrie anzusiedeln. Der Wunsch allein löst das Problem nicht: „Zaubern kann ich halt nicht, bloß immer wieder werbend für unsere Gemeinde auftreten.“ 50mal trat sie allein in den ersten Monaten für die hohe Gemeindepolitik auf. Grüezi hier, Grüezi da. Selbstverständlich ehrenamtlich.

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