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Noch bleiben 150 000 Angriffswaffen

KSE-Vertrag zu 95 Prozent erfüllt, aber Rüstungskontrolle in der Krise

  • Lesedauer: 2 Min.

Von JOCHEN REINERT

Ein Datum nicht nur für Experten: Heute nacht ist der im November 1990 in Paris unterzeichnete Vertrag über konventionelle Streitkräfte und Rüstungen in Europa (KSE) - das einzige wirkliche Abrüstungsabkommen der letzten 50 Jahre auf unserem Kontinent ausgelaufen. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Über 56 000 schwere Waffen wurden seit Inkrafttreten der Übereinkunft auf dem Helsinkier KSZE-Gipfel 1992 verschrottet: mehr als 34 000 in den vormaligen Warschauer Paktstaaten und rund 13 000 im Bereich der NATO.

Ohne Zweifel ist unser Kontinent dadurch sicherer ge--Worden. Die/fl&eWüstüng“Im östlichen Teil- Europas wurde weitgehend böseütigt, auch die

NATO-Staaten mußten Einschnitte vornehmen. Bei den vernichteten Kriegswerkzeugen handelte es sich durchweg um typische Angriffswaffen wie Panzer, Kampfflugzeuge, schwere Artillerie, gepanzerte Kampffahrzeuge und Kampfhubschrauber. Großangelegte Überraschungsangriffe sind jetzt praktisch nicht mehr möglich. 2340 Inspektionen der Vertragsstaaten untereinander haben zusätzlich Sicherheit und Vertrauen geschaffen.

Doch diese Erfolgsbilanz kann die offensichtliche Krise der Rüstungskontrolle in Europa nicht überdecken. Die auch nach Vertragsablauf weiter gültigen Regelungen werden* in^efn1^w!bhn“ieTPPünRV; defl '?Tlankenregelungen,?3vön Rußland angefochten. Moskau

sieht seine Sicherheitsinteressen an der Südflanke wegen „Anwachsen von Separatismus und Fundamentalismus“ gefährdet und hat längst eine neue, den Vertragsrahmen sprengende Armee in Grosny aufgestellt. Ein unterdessen mit den USA ausgehandelter Kompromiß - der nordkaukasische Raum samt Tschetschenien wird in eine andere Reduzierungszone eingeordnet wird von der Türkei befehdet.

Diese „Flankenrangeleien“ sind ebenso wie der Krieg auf dem Balkan unübersehbare Signale, daß weitere Abrüstungsmaßnahmen in Europa dringend geboten sind. Denn die 56 000 vernichteten schweren .Waffen (95 Prozent des' Vertragsvolumens) sind nur ein Viertel der 1990 vorhan-

denen Arsenale, sprich: In Europa sind weiter über 150 000 solcher Angriffswaffen disloziert, viele von ihnen unterdessen zu noch gefährlicheren High-tech-Kampfmaschinen mutiert.

Deshalb sind nach Ansicht von OSZE-Abrüstungsexperten zwei Schritte nötig: Zum einen sollte die für Mai 1996 vorgesehene erste Überprüfungskonferenz der 30 KSE-Staaten nicht nur der Verifikation dienen, sondern auch notwendige Vertragsänderungen einschließen. Zum zweiten müßten endlich Abrüstungsgespräche für alle 53 OSZE-Staaten auf den Weg gebracht werden. Ansonsten bleibt alles Gerede von einem '“,'SfcFeFheHsniödeil für Europa im 1 21. Jahrhundert“ kalter Kaffee.' !

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