Ost-Trafobauer ohne Strom
Wochenbilanz: Mehr als tausend Berliner Industriearbeitsplätze in Gefahr Von MICHAEL STEININGER
Dieser Winter hat es in sich: Nicht nur Wasserleitungen platzen, sondern auch Zukunftsträume - wie bei drei Berliner Unternehmen. Doch die existentiellen Probleme, die der Anlagenbauer Bergmann-Borsig, die Fritz Werner & Niles Werkzeugmaschinen AG und das Oberschöneweider Transformatorenwerk TRO diese Woche signalisierten, sind nicht den Temperaturen geschuldet. Eher der oft zitierten sozialen Kälte, die mehr als 1000 Beschäftigte bedroht.
Die schlechten Entwicklungen auf dem osteuropäischen Markt nennt die Daimler-Benz-Tochter AEG, seit 1992 Besitzerin von TRO, um die Schließung des Werkes und die Entlassung von 500 Beschäftigten zu rechtfertigen. Klar, daß diese Argumentation kommen mußte, meinte Betriebsratsvorsitzender Lutz Epperlein gestern im Gespräch mit
samten Bereich AEG Energietechnik an das französischbritische Unternehmen GEC Alsthom verkaufen. Dazu ge-
hören zwei Trafofabriken: TRO Berlin und SCHORCH Mönchengladbach. Beide haben mit denselben Problemen zu kämpfen, beide arbeiten mit Verlusten. TRO hat die besseren Bilanzen. Und die schwächere Lobby
GEC Alsthom will nicht zwei defizitäre Betriebe kaufen, Daimler Benz will einen möglichst hohen Preis erzielen. Also wird ein Standort dicht gemacht. Das sollte, ist Epperlein
sicher, von Anfang an TRO sein. Und darum wurde TRO in den letzten Monaten „sturmreif geschossen“ Der Vertriebsleiter wurde geschaßt ohne Vertrieb kein Absatz. Ein neuer Geschäftsführer wurde eingesetzt, der sich im letzten Dezember den Vergabeverhandlungen mit den wichtigsten ostdeutschen Kunden fernhielt - Folge: TRO bekam für '96 keinen einzigen Auftrag aus den neuen Ländern.
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