Last Glück?

Filmfestival in Köln: 20 Jahre Feminale

  • Fahimeh Farsaie
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.
Vor und nach dem Festival war das Hauptthema Geld, oder besser gesagt, der schwierige finanzielle Zustand des Festivals. Glücklicherweise standen während der vier aufregenden Festivaltage nur die Filmemacherinnen und ihre Werke im Vordergrund. Unter dem Motto »Glück« feierte die 12. Feminale ihren 20. Geburtstag und präsentierte 120 Filme aus 54 Ländern.
Mit dem Geld hatte das Festival am Ende jedoch kein Glück. Das Ziel, weitere Mittel zur Finanzierung der Feminale 2006 insbesondere bei der Stadt Köln zu akquirieren, konnte bis heute noch nicht erreicht werden. Das ist jedoch die Vorbedingung des Kultusministeriums, das bereits 2003 sein Budget für die Förderung der Filmkultur NRW, unter anderem der Feminale gekürzt hatte. Ein Glück, dass die Stadt Köln vor kurzem dem Leitungsteam des Festivals zugesichert hatte, zusätzliche Mittel für die Feminale bereitzustellen. Sie macht aber ihrerseits ihre Zusage von einem positiven Signal des Landes abhängig, das unglücklicherweise noch nicht in Sicht ist. So ist das Festival weiterhin massiv in seiner Existenz bedroht.
Kurzfristig gesichert ist aber die finanzielle Situation der 40-jährigen aus Madrid stammende Regisseurin Marina Caba Rall: Sie erhielt den Horizonte-Preis (2500 Euro) für ihren Abschlussfilm »Last Minute«. In einer faszinierenden Bildersprache thematisiert der spannende Film zwischenmenschliche Beziehungen in einer Ausnahmesituation. Zwei Putzfrauen, Frau Eggert und Nina, werden im Putzmittel-Lagerraum von Kawa, einem Mann in Handschellen überrascht. Der Schauplatz ist der Flughafen Schönefeld in Berlin, der bereits von der Polizei umstellt worden ist. Für die resolute Frau Eggert ist der Kurde Kawa ein Terrorist. Er behauptet wiederum, von einer ungerechtfertigten Abschiebung bedroht zu sein. In seiner Heimat warten Folter und Gefängnis auf ihn. Nina ist unschlüssig, will zunächst Frau Eggert vom Verrat abhalten, ist sich jedoch auch nicht sicher, ob Kawa die Wahrheit sagt. Die beiden Frauen müssen schließlich eine gemeinsame Entscheidung treffen. Wollen sie dem Kurden zur Flucht verhelfen? »Last Minute« ist kein »großes episches« Kino. Marina Caba Rall heroisiert ihre Figuren nicht. Sie bedient sich aber dessen stilistischer Mittel, einer einfachen Sprache des Schnitts und der Kamera, witziger und humorvoller Dialoge, um der Zivilcourage, dem Vertrauen und der Solidarität zu huldigen.
Mit dem facettenreichen Thema »Glück« beschäftigte sich auch die Sektion »ZeitLupe« mit 15 Kurz- und Langfilmen aus elf Ländern. Die Zuschauer wählten den Dokumentarfilm »Double Dare« der Regisseurin und Kamerafrau Amanda Micheli zum besten Film der Sektion. »Double Dare« stellt Jeannie Epper, Stuntfrau von »Wonderwoman«, und Zoe Bell, Double von »Xenia«, der Kriegerprinzessin vor. Sie sind anonyme Heldinnen des Kinos, die die Schläge einstecken, durch die andere Schauspielerinnen zu Stars werden. Ihre durchtrainierten, geschmeidigen Körper finden auf der ganzen Welt Bewunderung, ihre Gesichter kennt jedoch kaum jemand. Neben zahlreichen Interviews mit namhaften Regisseuren (wie Spielberg), Schauspielerinnen und Schauspielern bietet »Double Dare« jede Menge atemberaubende Szenen und Perspektiven.
Spannend auch der 1'40-minutige Beitrag der britischen Regisseurin Ruth Meehan, »And the Red Man Went Green«, in dieser Sektion. Der Film stellt einfühlsam den glücklichsten Moment einer alten und zerbrechlichen Frau dar, die glaubt, während der »rush Hour« in London von einem In-Line-Fahrer angefahren worden zu sein: Eine einmalige Erfahrung des Überlebens! Selbstfindung, Selbstbehauptung und Selbstbestimmung - Hauptthemen auch der 30 Filme in der diesjährigen Sektion der Feminale »Quer-Blick«. Die Geschichten werfen Genre übergreifend einen neugierigen Blick auf das Individuelle, das zugleich immer das Umfeld reflektiert: Die 33-jährige Regisseurin Sherna Dastur etwa begleitet die indische Lastwagen-Fahrerin Manju in ihrem Dokumentarfilm »Manjuben Truck Driver«. Manju hat sich eine eigene Identität gegen alle sozialen und kulturellen Regeln geschaffen. Sie entspricht eher der gängigen Verkörperung von Männlichkeit. In klaren Bildern stellt sie uns der Film als einen Macho-Trucker vor, der Männerkleidung trägt, »Betel« kaut und mit den Jungs rumhängt. Sie fühlt sich in dieser »Big- Daddy-Rolle« sehr glücklich.
Vom Glück spricht auch die Regisseurin Marina Caba Rall. Denn sie brauche nun nicht mehr putzen zu gehen, um ihre Projekte zu finanzieren, wie es beim »Last Minute« der Fall war. Sie werde sich nun sorg...

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