Werbung

Keine Koexistenz

Ein Jahr gentechnikfreie Zonen

  • Uwe Witt
  • Lesedauer: 2 Min.
Knapp ein Jahr nach Einrichtung der ersten gentechnikfreien Zone haben sich nach Angaben von Umweltschützern mittlerweile 11 600 Landwirte in 50 Regionen gegen die »grüne Gentechnik« verbündet.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sieht in gentechnikfreien Zonen derzeit die beste Gewähr für Gentechnikfreiheit in der Landwirtschaft. Das sagte die Heike Moldenhauer, Expertin des Verbandes, gestern in Berlin. Durch die anhaltende Blockade des rot-grünen Gentechnikgesetzes im Bundesrat fehlten weiterhin Vorschriften, die die Koexistenz agrarischer Produktion mit und ohne Gentechnik regeln. Der Entwurf von Landwirtschaftsministerin Renate Künast müsse »in seiner jetzigen Form« im Bundesrat verteidigt werden, betonte Moldenhauer.
Die BUND-Vertreterin bezog sich auf Entscheidung mit Zweidrittel-Mehrheit im Vermittlungsausschuss des Bundesrates vom 22. September, die Behandlung des rot- grünen Entwurf zu vertagen - vor allem wegen der darin enthaltenen Regelung zur »gesamtschuldnerische Haftung«. Eine solche würde in Kraft treten, wenn bei einem konventionellen oder Biobauern eine Kontamination durch gentechnisch veränderten Organismen (GVO) eintreten würde, der Verursacher aber nicht eindeutig feststellbar wäre. In diesem Fall müssten alle im Umfeld mit GVO arbeitenden Bauern als Gesamtschuldner für den Schaden aufkommen.
Union und FDP fordern dagegen einen Haftungsfonds, an dem sich neben den Gentechnik-Bauern auch der Bund, und damit der Steuerzahler beteiligen soll. Die Haftungsregelung von Rot-Grün stellt nach ihrer Auffassung ein zu hohes Risiko für jene Bauern dar, die gentechnisch veränderte Pflanzen auf die Felder bringen wollen.
Auf der gestrigen Pressekonferenz stellte aber der Präsident des Deutschen Bauernbundes, Kurt-Henning Klamroth, indirekt den vom BUND als Minimalforderung verteidigten rot-grünen Gesetzentwurf in Frage: »Es wird keine Koexistenz zwischen gentechnikanbauenden und -nichtanbauenden Bauern geben. Das ist ein politischer Populismus«, erklärte Klamroth, zugleich Mitinitiator einer 10 000 Hektar großen gentechnikfreien Zone. Die Pollen von gentechnisch verändertem Raps könnten durch Bienen bis zu 30 Kilometer in andere Kreuzblütler übertragen werden. Die veränderten Gene würden sich dann immer wieder ausbreiten. In der Folge gäbe es irgendwann keinen gentechnikfreien Anbau mehr, so Klamroth. Zudem bräche die Gentechnik einheimischen mittelständischen Saatgutherstellern das Genick: »In Deutschland brauchen wir im Jahr nur drei Schiffe voller Saatgut für die Weizenproduktion.« Gegen Weltkonzerne wie Monsanto hätten die kleinen Firmen keine Chance.
Die Bio-Landwirtin Cornelia Schmidt von der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft bezeichnete die Gentechnik als »Angriff auf den sozialen Frieden der Dörfer«. Durch die befürchtete Ausbreitung gefährde sie die Existenz von Biobetrieben und konventionellen Höfen.
Die erste gentechnikfreie Zone wurde im Herbst 2003 in Mecklenburg-Vorpommern gegründet. 15 Landwirte unterzeichneten damals eine Erklärung, in der sie sich gegenseitig zusicherten, keine gentechnisch veränderten Saaten auf ihren Feldern auszubringen. Die rund 50 heute existierenden Zonen umfassen eine landwirtschaftlich Nutzfläche von 430 000 Hektar.
Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal