Quittungen, Überraschungen und zweite Chancen

Akuter Wählermangel bei den Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen

  • Jochen Bülow, Köln
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

In 112 Städten, Gemeinden und Landkreisen entschieden die Wähler am Wochenende in Stichwahlen über Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte für die kommenden fünf Jahre. SPD und CDU sehen sich - wie gehabt - beide als Sieger.


Mehr als sieben Millionen Bürger waren aufgerufen, ihre Stimmen abzugeben, weniger als drei Millionen machten von diesem Recht Gebrauch. Trotzdem feierte die SPD einen »großen SPD-Erfolg bei Stichwahlen« und die CDU sieht sich »auch nach der Kommunalwahl 2004 als die Ruhrgebietspartei«. Unvoreingenommen betrachtet, sind die Stichwahlergebnisse allerdings eher ein buntes Potpourri aus Quittungen, Überraschungen und zweiten Chancen.
Die SPD konnte vor allem in einigen bei der Kommunalwahl vor zwei Wochen verloren gegangenen Ruhrgebietsstädten die Bürgermeisterposten zurückerobern. In Leverkusen gelang Ernst Küchler für die SPD mit 50,7 Prozent der abgegebenen Stimmen ein Überraschungssieg für die SPD, in Gelsenkirchen konnte Frank Baranowski den Favoriten Oliver Wittke von der CDU deutlich schlagen.
Bochum, Bottrop, Hagen, Herne gingen teilweise überraschend klar an die SPD. In Dortmund erhielt auch der SPD-Kandidat Gerhard Langemeyer eine zweite Chance von den Wählern, CDU-Kandidaten wurden dagegen in Duisburg - erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik - und Essen gewählt, in Wuppertal bekam der skandalumwitterte SPD-Amtsinhaber Hans Kremendahl die Quittung für jahrelange Korruptionsvorwürfe und unterlag dem CDU-Kandidaten Peter Jung klar. Mönchengladbach, Remscheid und Bielefeld werden ebenfalls künftig schwarz regiert.
Achtungserfolge konnte die FDP, teilweise in Bündnissen, erringen: In Alsdorf und Wermelskirchen waren liberale Kandidaten erfolgreich. In Alsdorf konnte damit die einzige grüne Kandidatin die Wähler nicht von sich überzeugen. Unabhängige Kandidaten entschieden die Stichwahlen in Kürten, Rösrath, Schleiden, Bergneustadt und Hückeswagen für sich. Rösrath war vor allem deswegen eine Ohrfeige für die SPD, weil sie den Amtsinhaber Dieter Happ nicht wieder aufstellte - und der als unabhängiger Kandidat knapp achtzig Prozent der Stimmen abräumte.
Das neue kommunalpolitische Bild des Landes ist vor allem von einer neuen Vielschichtigkeit geprägt: Wählerbindungen altbekannter Form und Ausmaße existieren nur noch eingeschränkt. Beobachter werteten die Tatsache, dass mancherorts nur ein Drittel der Wahlberechtigten tatsächlich an den Urnen erschien, als »Katastrophe« - die Politiker hingegen freuten sich mehrheitlich zumindest öffentlich darüber, dass die jeweiligen Kandidaten erfolgreich waren. Wobei zu konstatieren ist, dass im Kreis Recklinghausen, im Rhein-Erft-Kreis und an vielen anderen Orten nur rund zwanzig Prozent der Wähler die notwendige »Mehrheit« bereitstellten. Die Hälfte von 35 Prozent macht absolut 17 Prozent.
Sofort machte die Theorie die Runde, das schöne Sonntagswetter habe viele Bürger von der Stimmabgabe abgehalten. Das aber, so meinen viele Beobachter, sei bestenfalls die halbe Wahrheit: Wenn Köpfe und Wahlprogramme nicht überzeugten und wenn es den Kandidaten nicht gelinge, die Bedeutung kommunaler Politik verständlich zu machen, dann gingen die Menschen eben nicht zur Wahl. Ganz abgesehen davon, dass viele Wähler nach den Korruptionsskandalen grundsätzlich bezweifeln, dass Wahlen »etwas« ändern können.
Mehr als sieben Millionen Bürger waren aufgerufen, ihre Stimmen abzugeben, weniger als drei Millionen machten von diesem Recht Gebrauch. Trotzdem feierte die SPD einen »großen SPD-Erfolg bei Stichwahlen« und die CDU sieht sich »auch nach der Kommunalwahl 2004 als die Ruhrgebietspartei«. Unvoreingenommen betrachtet, sind die Stichwahlergebnisse allerdings eher ein buntes Potpourri aus Quittungen, Überraschungen und zweiten Chancen.
Die SPD konnte vor allem in einigen bei der Kommunalwahl vor zwei Wochen verloren gegangenen Ruhrgebietsstädten die Bürgermeisterposten zurückerobern. In Leverkusen gelang Ernst Küchler für die SPD mit 50,7 Prozent der abgegebenen Stimmen ein Überraschungssieg für die SPD, in Gelsenkirchen konnte Frank Baranowski den Favoriten Oliver Wittke von der CDU deutlich schlagen.
Bochum, Bottrop, Hagen, Herne gingen teilweise überraschend klar an die SPD. In Dortmund erhielt auch der SPD-Kandidat Gerhard Langemeyer eine zweite Chance von den Wählern, CDU-Kandidaten wurden dagegen in Duisburg - erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik - und Essen gewählt, in Wuppertal bekam der skandalumwitterte SPD-Amtsinhaber Hans Kremendahl die Quittung für jahrelange Korruptionsvorwürfe und unterlag dem CDU-Kandidaten Peter Jung klar. Mönchengladbach, Remscheid und Bielefeld werden ebenfalls künftig schwarz regiert.
Achtungserfolge konnte die FDP, teilweise in Bündnissen, erringen: In Alsdorf und Wermelskirchen waren liberale Kandidaten erfolgreich. In Alsdorf konnte damit die einzige grüne Kandidatin die Wähler nicht von sich überzeugen. Unabhängige Kandidaten entschieden die Stichwahlen in Kürten, Rösrath, Schleiden, Bergneustadt und Hückeswagen für sich. Rösrath war vor allem deswegen eine Ohrfeige für die SPD, weil sie den Amtsinhaber Dieter Happ nicht wieder aufstellte - und der als unabhängiger Kandidat knapp achtzig Prozent der Stimmen abräumte.
Das neue kommunalpolitische Bild des Landes ist vor allem von einer neuen Vielschichtigkeit geprägt: Wählerbindungen altbekannter Form und Ausmaße existieren nur noch eingeschränkt. Beobachter werteten die Tatsache, dass mancherorts nur ein Drittel der Wahlberechtigten tatsächlich an den Urnen erschien, als »Katastrophe« - die Politiker hingegen freuten sich mehrheitlich zumindest öffentlich darüber, dass die jeweiligen Kandidaten erfolgreich waren. Wobei zu konstatieren ist, dass im Kreis Recklinghausen, im Rhein-Erft-Kreis und an vielen anderen Orten nur rund zwanzig Prozent der Wähler die notwendige »Mehrheit« bereitstellten. Die Hälfte von 35 Prozent macht absolut 17 Prozent.
Sofort machte die Theorie die Runde, das schöne Sonntagswetter habe viele Bürger von der Stimmabgabe abgehalten. Das aber, so meinen viele Beobachter, sei bestenfalls die halbe Wahrheit: Wenn Köpfe und Wahlprogramme nicht überzeugten und wenn es den Kandidaten nicht gelinge, die Bedeutung kommunaler Politik verständlich zu machen, dann gingen die Menschen eben nicht zur Wahl. Ganz abgesehen davon, dass viele Wähler nach den Korruptionsskandalen grundsätzlich bezweifeln, dass Wahlen »etwas« ändern können.

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