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»Braune Zone« Muldentalkreis ?

Annelie Buntenbach

  • Lesedauer: 3 Min.

Bündnisgrüne im Bundestag

Die Schriftsetzerin aus Bielefeld ist seit 1982 Mitglied der Grünen, seit Mitte der 80er Jahre arbeitet sie in Antifa-Initiativen. Seit 1994 sitzt die 41 jährige für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.

? Für Mitte November ist in Würzen (bei Leipzig) eine antifaschistische Demonstration geplant. Sie ist von Ihnen, den PDS-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke und Steffen Tippach sowie dem Bund der Antifaschisten Sachsen angemeldet worden. Von »Kampf den braunen Zonen« war im Vorfeld die Rede, davon, daß der Landkreis faktisch unter militanter Kontrolle einer »Naziszene« sei halten Sie wirklich den Muldentalkreis für faschistisch?

Sie zitieren aus einem Diskussionspapier, das besorgniserregende Fakten aus dem Muldentalkreis, in den Würzen eingebettet ist, auflistet. Rechte Jugendliche sind tatsächlich in den meisten Jugendtreffs und Schulen im Kreis dominant. Selbst nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes ist die Stadt das »wohl wichtigste Zentrum der Neonazis« in Deutschland. Sogar der Chef der Soko Rex spricht angesichts einer nicht abrei-ßenden Serie von rechtsextremen und fremdenfeindlichen Gewalttaten davon, die Vorfälle gingen »in die Hunderte«.

Wir wollen ein Zeichen setzen, daß die Aktivitäten von Neonazis nicht länger geduldet, rechte Übergriffe nicht länger verschwiegen und verharmlost werden. Wir wollen, daß die Bevölkerung sensibilisiert

und ermutigt wird. Wenn man von einem faschistischen Konsens ausginge, müßte man sicher politisch anders reagieren.

? Es gibt starke Bestrebungen, beispielsweise des SPD-Landtagsabgeordneten Joachim Schulmeyer, der zugleich Wurzener Stadtrat ist, die Demonstration zu verbieten.

Das halte ich für völlig daneben. Erstens gehört das Demonstrationsrecht zu den grundlegenden Bürgerinnenfreiheiten des Rechtsstaates, und zweitens soll mit dieser Veranstaltung die Solidarität mit den Opfern der rechtsextremen Gewalt in Würzen zum Ausdruck gebracht werden. Es gibt doch wirklich keinen Grund, sich faktisch mit den inakzeptablem Zuständen im Muldentalkreis abzufinden.

Ein Verbot mit der Unterstellung, es könne gewalttätig zugehen, kann ich überhaupt nicht verstehen. Die beiden Ziele - aufmerksam zu machen auf die Zustände und solidarisch zu sein mit den Opfern - können überhaupt nur mit dem friedlichen Verlauf der Demonstration erreicht werden. Das ist den Anmelderinnen klar, auch dem Aufruferkreis. Für die Befürchtung, daß es zu irgendwelchen Ausschreitungen kommt, sehe ich keine Grundlage.

Allerdings werden Vorgespräche mit Ordnungsamt und Polizei stattfinden, es bedarf schon der Schaffung einiger Voraussetzungen, damit es in Würzen zu keinen Provokationen von rechter Seite kommt. Das wollen wir sicherstellen.

? Am 16. November wird also eine Demonstration - zugespitzt gesagt - über die Stadt hinwegbrausen. Und ab 17. November ist dann wieder alles beim alten?

Wir machen diese Demonstration, um diejenigen in der Bevölkerung zu ermutigen, die sich einmischen wollen, die sich gegen die rechtsradikalen Übergriffe stellen. Das »Bündnis gegen Rechts« versucht, auch nach der Demonstration Ansprechpunkte zu bieten für die Unterstützung von antifaschistischen Aktivitäten im Muldentalkreis. Viele, die aktiv waren, sind unterdessen nach Leipzig gegangen. Sie haben großes Interesse daran, auch in Würzen wieder auf offener Straße sagen zu können, was sie denken. Fragen: Helfried Liebsch

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