Bildung und anderes Gedöns

Von Jürgen Amendt

Können Sie sich vorstellen, dass Edelgard Bulmahn ihren Kollegen Otto Schily als Innenminister ablöst? Oder dass sie auf Hans Eichel folgt, vielleicht gar einmal Gerhard Schröder beerbt? Zugegeben, diese Vorstellung ist einigermaßen abenteuerlich. Bildungsminister haben in Deutschland seit jeher nur ein randständiges Dasein geführt. Auch das jetzige, nach der Veröffentlichung der PISA-Studie aufgeflammte Interesse am Thema Bildung dürfte bald wieder abflauen. Mit Bildung lassen sich keine Wahlkämpfe führen, mit Bildung lässt sich kein Staat machen. Anderswo in Europa ist das längst nicht so. Charles Clarke etwa, der nach dem Rücktritt David Blunketts neuer britischer Innenminister werden soll, war bislang Chef des Bildungsressorts in der Regierung Tony Blairs. Noch viel weiter nach oben hat es Göran Persson gebracht. Seit 1996 steht er als Premierminister der schwedischen Regierung vor. Davor war er u.a. Finanzminister und in den 80er Jahren Bildungsminister seines Landes. Charles Clarke, so vermeldeten es gestern die Agenturen, gelte als Vertrauter Tony Blairs. Von so viel Seilschaft kann Edelgard Bulmahn nur träumen. Als sie 1998 das Bildungsressort in der ersten rot-grünen Bundesregierung übernahm, war sie keineswegs Teil des inneren Machtzirkels in der SPD. Als Quoten-Frau und -Linke bekam sie von Schröder ein Ministerium außerhalb des politischen Zentrums zugeschachert. Die politische Bedeutung ihres Ressorts ist seitdem zwar gestiegen, doch immer noch hat Edelgard Bulmahn nicht wirklich etwas zu sagen in der Regierung. Daran trägt jedoch nicht nur Gerhard Schröder Schuld. In Deutschland herrschen 16 Lokalfürsten über die Bildung - und diese wollen sich nach wie vor von der Bundesregierung nicht dreinreden lassen. Einem Ministerium, das mit so wenig Kompetenz ausgestattet ist wie das Ressort Edelgard Bulmahns, bleibt daher al...

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