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Pamphlet mit Nazitönen

Antisemitismus Münsteraner Hochschullehrer darf ungestraft antijüdische Propaganda betreiben Von Martin Finkenberger

  • Lesedauer: 2 Min.

Den Niedergang der Weimarer Republik führt er auf die Auseinandersetzung zwischen »Internationalsozialisten« (!) und »Nationalisten« zurück, die »teils ethnisch bewußt, teils bedingt durch die starke jüdische Mitgliedschaft in internationalistischen Gremien« gewesen sei und »zu einem Kampf zwischen Deutschen und Juden entartete, der vom politischen Sieger nach der Machtübernahme auf staatlicher Ebene fortgeführt wurde«. Er behauptet, im März 1993 hätte »Judea« nicht nur der nationalsozialistischen Regierung, »sondern ganz Deutschland den Krieg erklärt«. Und natürlich sieht er sich von »verweltlichten internationalistischen Umerziehungsexperten« umstellt und einer »Meinungsjustiz« bedroht.

Urheber der Zitate ist der Münsteraner Fachschulprofessor Werner Pfeifenber-

ger. Sie sind einem Beitrag entnommen, den er 1995 im »Jahrbuch für politische Erneuerung« der Freiheitlichen Partei Österreichs veröffentlicht hat. Titel: »Internationalismus gegen Nationalismus eine unendliche Todfeindschaft?« Der Wiener Journalist Karl Pfeifer bezeichnete die Ausführungen in der Zeitung der Isrealitischen Kultusgemeinde als in »Nazidiktion« geschrieben. Pfeifenberger reagierte mit einer Anzeige. Die Vorwürfe seien ehrenrührig und würden ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich machen und herabsetzen. In seinem Strafantrag nimmt Pfeifenberger von seiner Wortwahl freilich keinen Abstand. Es sei, so Pfeifenberger, »sachlich nicht gerechtfertigt, von einer >Mär vom jüdischen Krieg gegen Deutschland< zu schreiben, weil es derartiges vom gedanklichen Ansatz tatsächlich gegeben hat«.

Ob der Politikwissenschaftler, der auch als Unterstützer der Psychosekte »Verein zur Förderung der Psychologischen Men-

schenkenntnis« (VPM) in Erscheinung getreten ist, vor dem Landesgericht in Wien Recht bekommen wird, ist ungewiß. Dem Gericht, das Anfang Juni zur Verhandlung zusammentritt, liegt seit Mitte März ein Gutachten des Linzer Zeithistorikers Rudolf Ardelt vor. Der Sachverständige, der mit Zustimmung des Klägers den Aufsatz analysiert hat, kommt darin zu einem deutlichen Ergebnis: Nach seiner Auffassung handele es sich nicht um eine wissenschaftliche Arbeit, sondern um »ein vor allem polemischen, politischideologischen Zwecken dienendes Pamphlet«, das »eindeutig in einer Tradition antisemitischer Geschichtsbilder« stehe. Aus der Terminologie und dem Geschichtsbild des Autors ließen sich zudem »>Nazitöne< klar identifizieren«. Bei der Beurteilung der NS-Herrschaft sei »eine klare Tendenz zumindest zur Minimierung der Terror- und Gewaltdimension des NS-Regimes zu finden«, während Juden »eine Schlüsselrolle« für die Verantwortung am Zweiten Weltkrieg zugeschrieben werde.

Dementsprechend gelassen gibt sich Pfeifer. Sein Verurteilung, so der 69jährige gegenüber ND, halte er mit diesem Gutachten für ausgeschlossen. Empört ist er freilich über die Reaktion des zuständigen Ministeriums für Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen. Auf seine Anfrage, welche Konsequenzen es zu ziehen beabsichtige, hat er keine Antwort erhalten.

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