Geburtsstunden des »Felix Krull«

Landesvertretung von Schleswig-Holstein zeigt Schau zur Entstehung des Romans

Einen Blick in eine Literatenwerkstatt bietet gegenwärtig die Ausstellung »Szenen einer schönen Welt. 50 Jahre Thomas Manns Roman Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull«. Im weitläufigen Foyer der Vertretung des Landes Schleswig-Holstein ist nicht nur das Arbeitszimmer von Thomas Mann mit dem Schreibtisch und den aus Lübeck stammenden und später um die Welt gezogenen Schränken aufgebaut. Die gesamte Ausstellung speist sich aus den umfangreichen Dossiers, die der Schriftsteller seit 1910 in Hinblick auf einen Hochstaplerroman anlegte. Es finden sich Fotografien und Abhandlungen über die Schaumweinproduktion, in der sich der Vater des Protagonisten betätigte. Damen der Pariser, Römer und Londoner High Society waren Patinnen für die Romanfiguren, die Krull verführte. Exemplare aus der Arbeitsbibliothek zu Krull, etwa Goethes »Dichtung und Wahrheit«, »Jugend« des heute eher unbekannten Henrich Stilling und die Autobiografie eines Manolescu, des Gentleman-Gangsters des frühen 20. Jahrhunderts, sind ausgestellt. Ebenso werden Untersuchungen zur Nähe von Genialität und Kriminalität präsentiert. Ein Leckerbissen ist das Autographenmuster, das Manns Versuche, die Unterschrift des Krull-Vater Engelbert zu entwerfen, zeigt. Natürlich machen auch die besten Dossiers noch keinen exzellenten Romancier, aber die Reise durch einen kleinen Winkel der Mannschen Schreibwerkstatt verbindet den Genius doch wieder mit der Erde. Wie das ganze Wissen in Literatur überführt wurde - Mann arbeitete mit Unterbrechungen fast ein halbes Jahrhundert an dem auch autobiografisch geprägten Stoff - ist anhand des Mitschnitts einer durch den Autor besorgten Lesung nachzuvollziehen. Mit der rundum gelungenen Ausstellung produziert das nördlichste Bundesland nun zumindest in Berlin Schlagzeilen, die einmal nichts mit...

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