Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Das schwarze Loch der Weltwirtschaft

  • Lesedauer: 2 Min.

Die Astrophysik kennt das Phänomen der »schwarzen Löcher«, die Materie ansaugen und »verschwinden« lassen. Eine analoge Erscheinung finden wir in der gegenwärtigen Weltwirtschaft: Mangels reeller Kaufkraft, die durch Massenarbeitslosigkeit und Druck auf die Löhne stranguliert wird, simuliert die Expansion des Kreditsystems das kapitalistische Wachstum; die zusätzliche Produktion wird in das »schwarze Loch« eines irrealen Vorgriffs auf zukünftige Einkommen hineingeschüttet. Dieser strukturelle Zusammenhang erscheint auch auf der Ebene des Weltmarkts in der politisch-ökonomischen Beziehung zwischen den Nationalstaaten. Im Zentrum steht dabei die Ökonomie der USA, die gewöhnlich als Hochburg des »monetaristischen« Neoliberalismus gelten.

Die Doktrin besagt, daß an die Stelle des keynesianischen staatlichen »deficit spending« wegen dessen inflationstreibender Wirkung auch auf dem Finanzsektor wieder die freie Marktwirtschaft treten soll. Ironischerweise wurde jedoch die reine Lehre durch die Wirtschaftspolitik der USA in der Form ihres Gegenteils verwirklicht. Denn als Präsident Reagan in den 80er Jahren die konkurrierende Sowjetunion zu Tode rüstete, war dies nur möglich durch eine Steigerung der staatlichen Schulden über jede bis dahin bekannte Dimension hinaus. Defacto betreibt die letzte Weltmacht seitdem einen gigan-

tischen Militär-Keynesianismus, der wegen der extrem niedrigen Sparquote der USA nur durch eine permanent aufakkumulierte Außenverschuldung finanziert werden kann.

Während jedes andere Land dafür durch gesteigerte Exporte Devisen verdienen müßte, verschulden sich die USA im Ausland einfach durch Anleihen in ihrer eigenen Währung; der Dollar hat immer noch die Funktion eines »Weltgeldes«. Diese Funktion beruht im Unterschied zur ersten Nachkriegszeit jedoch nicht mehr auf einer Überlegenheit der USA im weltweiten Kapital- und Warenexport. Statt dessen gilt die Militärmaschine der USA als das »Gold« des Dollars, dessen reale Goldkonvertibilität bekanntlich 1973 aufgehoben wurde. Statt dessen ist militärische Schlagkraft an die Stelle der ökonomischen Substanz getreten.

Die paradoxe Außenverschuldung der USA in ihrer eigenen Währung dient gleichzeitig als Treibsatz der Weltwirtschaft, denn die USA geben das vom Ausland geliehene Geldkapital gleich doppelt aus: Erstens bezahlen sie damit ihren omnipräsenten Militärapparat, und zweitens geben sie dasselbe Geld noch einmal dafür aus, Jahr für Jahr eine viel grö-ßere Masse von Waren importieren als exportieren zu können. Mit anderen Worten: Der Gegenwert für die Schuldscheine, mit denen die USA ihren riesigen Importüberschuß bezahlen, ist schon längst verbraucht und schwimmt in Gestalt von Flugzeugträ-

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal