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Kapitalist als Ehrenbürger?

Die Einwohner der Peenestadt sollen einen Streit der Kommunalpolitiker schlichten Wolgast Von Claudia Schreyer, Schwerin

  • Lesedauer: 2 Min.

An der Nominierung des Peene-Werft-Besitzers Detlef Hegemann als Ehrenbürger von Wolgast in Ostvorpommern scheiden sich die Geister.

Der Vorschlag, Hegemann zum Ehrenbürger zu machen, kommt von der Belegschaft der Peene-Werft, die in ihrem Antrag an die Stadt auf die erheblichen wirtschaftlichen Leistungen des Konzernbosses verweist. Die noch 800 Beschäftigten würden ihn gerne am 2. Juli, wenn die Werft 50. Geburtstag feiert, als Ehrenbürger begrüßen. Die Zeit drängt also, kommenden Mittwoch wollen die 25 Stadtvertreter über den Antrag entscheiden.

Manche finden Detlef Hegemann indes gar nicht honorig. Seine Unternehmensgruppe spielt in einer Strafanzeige eine

Rolle, die die PDS-Landtagsfraktion vor zwei Jahren im Zusammenhang mit der Privatisierung der Volkswerft Stralsund stellte. Im Dezember 1994 trat Hegemann seinen 30prozentigen Anteil, den er im Jahr zuvor für 300 000 Mark erworben hatte, an die Bremer Vulkan für 1,2 Millionen Mark ab. Der Vorwurf: Es habe zu keiner Zeit eine entsprechende Bewertung des Unternehmens stattgefunden. Darüber hinaus bestehe der dringende Verdacht, heißt es in der Anzeige, daß weitere 7,2 Millionen Mark an Unternehmen der Hegemann-Gruppe geflossen sind - aufgrund fiktiver Verträge oder Leistungen.

»Solange die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt und die Vorgänge nicht geklärt sind, sollte dieser Großverdiener an der deutschen Einheit, der in der Wahl seiner Mittel nie kleinlich war, nicht zum Ehrenbürger ernannt werden«, sagt der PDS-Landtagsabgeordnete Johann Scheringer. PDS-Kreisvorsitzende Barbara

Syrbe ist ebenfalls gegen die Würdigung eines »Kapitalisten, der nur seine Arbeit tut und jede Menge Geld verdient«. Dies mag die PDS-Fraktionsvorsitzende in der Wolgaster Stadtvertretung, Jutta Kleebaum, nicht so sehen. Sie empfindet die Anschuldigungen als ehrenrührigen Angriff auf eine Person, die viel für die Wirtschaft in der Region getan habe. Alle neun Mitglieder ihrer Fraktion hat sie da freilich nicht hinter sich.

Daß die Vorwürfen gegen Hegemann haltlos sind, glaubt auch Wolgasts Bürgermeister Jürgen Kanehl (SPD). In seinen Augen wäre die Ehrenbürgerschaft Dankeschön und Motivation für einen Unternehmer, der sich beim Erhalt und der Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region ehrlich engagiert, weit über den Privatisierungsauftrag hinaus. Um unwürdigen Streit in der Stadtvertretung zu vermeiden, wird jetzt das Volk an der Entscheidung beteiligt. Die Wolgaster können sich bis zum 24. Juni dazu äußern.

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