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Hundehaltung in der Reichshauptstadt

In der noch gültigen Hundesteuerverordnung von 1939 haben sich nur die Abgaben geändert Von Almut Schröter

  • Lesedauer: 2 Min.

Rocky, ein Objekt der städtischen Steuerbegierde, trägt Pflichtmodeschmuck ND-Foto: B. Lange

Wofür bezahle ich denn eigentlich die Hundesteuer?, fragt sich mancher Berliner Hundebesitzer Die Antwort: Die Stadt will sie haben. Sie darf dem Kommunalabgabengesetz von 1893 zufolge

Hunde-und Lustbarkeitssteuern erheben, selbst wenn sie gar keinen finanziellen Bedarf hat.

Hundesteuer ist eine Luxussteuer. Der Landeshaushalt frißt sie und ist dafür zu keiner Gegenleistung verpflichtet, etwa zur Straßenreinigung. Überdies will man mit der Steuerpflicht das hauptstädtische Hunderudel möglichst begrenzt halten.

Darüber verfaßte ein Empörter bereits um 1895 ein Schriftstück unter dem Titel »Die Hundesteuer und die Vergewaltigung der Hundebesitzer«. Das Werk zählt in der Staatsbibliothek zu den Kriegsverlusten. Gut erhalten geblieben dagegen ist die dem alten Kommunalabgabengesetz abgeleitete, heute gültige Hundesteuerverordnung vom 31. März 1939 Auf sie verweist jeder Hundesteuerbescheid vom Finanzamt mit einem Nachtrag zum Haushaltsstrukturgesetz von 1997 98 793 Berliner nahmen das bis 1.1.1998 für bare Münze und zahlten. Reinickendorf ist mit 10 429 steuerpflichtigen Vierbeinern der Bezirk, in dem Hunde am zahlreichsten ihre soziale Aufgabe mit oder ohne Murren und Knurren erfüllen. Die geringste Steuerleistung erbringt Kreuzberg mit 2562 Hunden.

Die Spur zur Steuerverordnung, mit der das Land Berlin das Geld für Hunde einfordert, führt ins Landesarchiv Wer in der Reichshauptstadt Berlin einen über drei Monate alten Hund hält, kann man dort im Amtsblatt von 1939 lesen, hat eine jährliche Hundesteuer nach Maßgabe dieser Steuerordnung zu entrichten. 1950, 1971, 1974, 1977, 1981 und 1997 gab es Änderungen an der Verordnung. 1971 wurde sie in »Hundesteuergesetz« umbenannt, und die Stadt erließ Vorschriften für eventuelle Ermäßigungen. 1974 sollte der Begriff »Reichsabgabenordnung« durch »Abgabenordnung« ersetzt werden. Ansonsten ging es bei Änderungen immer nur um die »Beute« fürs Land. Die Steuern stiegen. Zuletzt 1997 von 180 auf 240 Mark jährlich.

Auf öffentlichen Druck hin hat der Senat jetzt eine neue Hundeverordnung für Berlin erlassen. Ob sie in der Praxis tragfähig ist, wird sich zeigen. Die längst fällige Änderung des Steuergesetzes aus dem Jahr 1939 mit Verantwortlichkeiten der Reichsfachgruppe des Deutschen Hundewesens oder des Reichsjagdamtes hat bisher niemand beantragt. Deshalb gilt weiter, daß Hunde, die auf der Straße »ohne Steuermarke oder die für Wehrmachthunde vorgeschriebene Erkennungsmarke angetroffen werden«, durch »Beauftragte des Oberbürgermeisters eingefangen Werden...« können. Die Fanggebühr beträgt 3 RM.

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