Den Versuch scheints wert

Handball: Füchse Berlin verloren gegen Vorbild Magdeburg 22:35

Dicke, graue Schwaden waberten am späten Mittwochabend durch die aus allen Nähten platzende VIP-Lounge in der Berliner Max-Schmeling-Halle. Eben hatte Zweitligist Füchse Berlin in der 2. Runde des DHB-Pokals gegen den Bundesliga-Tabellenführer SC Magdeburg 22:35 verloren, da sogen Dutzende Ehrengäste der Füchse genüsslich an Havanas, die ein eigens engagierter Zigarrendreher vor ihren Augen gefertigt hatte. Seit Sommer verkünden die Handballer vom Traditionsklub aus Reinickendorf, dass sie in nächster Zeit die Eliteliga erreichen wollen; die Zigarren am Mittwoch waren wohl ein Vorgriff darauf, wie sich die Füchse-Funktionäre Erstklassigkeit vorstellen. Eine Etage tiefer bilanzierte derweil Berlins Manager Bob Hanning vor der Presse das Spiel, das die Füchse zum »Handballfest« deklariert hatten, weswegen tatsächlich 5283 Zuschauer die Max-Schmeling-Halle gefüllt hatten. »Berlin könnte die erste Bundesliga gut vertragen«, freute sich Bob Hanning. Der 37-Jährige war zu Saisonbeginn vom einst angeschlagenen, mittlerweile aber geretteten Erstligisten Hamburger SV zu den Berlinern geholt worden. In Hamburg war er Trainer, in Berlin hingegen ist er der Geschäftsführer der »Reinickendorfer Füchse Handball Vermarktungsgesellschaft mbH«. Mit Hanning wollen die Füchse - 1999 noch Oberligist - so schnell wie möglich ins Oberhaus. Pünktlich zur Handball-WM 2007 mit dem Eröffnungsspiel in Berlin wollen Hanning und die Füchse die Handball-Lieblinge der Hauptstadt werden. Nachdem regen Besuch am Mittwoch zu urteilen, scheint dieses Unterfangen einen Versuch wert. Bob Hanning verriet, wie es gehen könnte: »Magdeburg ist unser Vorbild, klares Nachwuchskonzept und solide Arbeit, was ich persönlich bewundere.« Bis dahin fehlt noch ein Stück. Nur zehn Minuten bis zum 3:3 hatten die Füchse gegen die in Bestbesetzung angetretenen Bördestädter mithalten können - fortan beherrschten Stefan Kretzschmar, Joel Abati und Co. das Spiel nach Gutdünken, ohne zu glänzen. Hier ein raffiniertes Rückhand-Zuspiel, da ein versuchter Kempa-Trick - das reichte locker, während bei den Berlinern nur Torwart Carsten Ohlers mit zehn Paraden und Nationalspieler Christian Rose mit sechs Treffern hervorstachen. Füchse-Rechtsaußen Stefan Matz (33), tagsüber Bankkaufmann: »Die Magdeburger sind Weltklasse. Ich hingegen musste heute bis 14 Uhr arbeiten.« Der Klassenunterschied war unübersehbar, so dass sich die gute Laune des Publikums, darunter viele Magdeburg-Fans, nie in Überschwang verwandelte. Die La-Ola-Welle musste der Stadionsprecher inszenieren, und das tat er erst, als die Hertha-Fußballer verabschiedet wurden, die dem Spiel fünfzig Minuten lang als Ehrengäste zugesehen hatten. Die Fußballprofis gingen früher, wegen des UEFA-Pokals tags darauf . Wer weiß, was der Zigarrenqualm aus der VIP-Lounge in ihren Fußballer-Lungen bewirkt hätte. Die Füchse-Handballer hingegen ertrugen ihn tapfer, so tapfer wie die Nie...

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