Vogelgrippe in der EU gelandet

Brüssel und Athen arbeiten zusammen / Notfallpläne auf Gipfel

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.
Schneller als jeder Virus verbreitete sich die Nachricht um die Welt: »Vogelgrippe in der EU via Griechenland angekommen« titelte die britische Tageszeitung »Independent« am Dienstag dieser Woche.
Bei einer Kontrolle kranker Truthennen auf der vor der türkischen Küste gelegenen Insel Oinoussai war eines von insgesamt neun Testresultaten positiv ausgefallen. Allerdings konnte noch nicht geklärt werden, ob es sich bei dem Virus um die auch für den Menschen gefährliche Spielart der Vogelgrippe vom Typ H5N1 handelt. Die sofort verständigten griechischen Behörden verhängten trotzdem eine Quarantäne über die Vogelfarm und verboten die Ausfuhr von Fleisch und Geflügelprodukten aus der ganzen Provinz Chios, zu der die kleine Insel gehört. Gesundheitsminister Nikitas Kaklamanis brach ins Krisengebiet auf. Bereits einen Tag später konnte zumindest vorläufig Entwarnung gegeben werden. »Es gibt kein Problem auf Oinoussai, weder für die Inselbewohner noch für ganz Griechenland«, versuchte der Gesundheitsminister die Bevölkerung zu beruhigen. Die Testresultate von weiteren acht Vögeln der betroffenen Farm waren negativ ausgefallen. Bei einem tatsächlichen Auftreten der Grippe hätte das Virus bereits zu einem Massensterben der Puten führen müssen. Trotzdem bleiben Griechenland und die EU in Alarmbereitschaft. Zwar beschlossen die zuständigen Minister am Mittwoch in Luxemburg, zunächst auf weitere Maßnahmen zu verzichten. Auf einem informellen Gipfel der EU-Gesundheitsminister im britischen Hertfordshire nordwestlich von London sollen nächsten Donnerstag aber dennoch Notpläne für den Fall einer Ausbreitung der Krankheit ausgearbeitet werden. Für alle Fälle entsandte Brüssel drei Fachleute, die sich auf Chios ein Bild von der Lage machen sollen. In Griechenland wurden derweil in den vergangenen Tagen mehrere Dutzend Proben von toten Vögeln aus dem ganzen Land getestet, alle mit negativem Ergebnis. Besorgt war man besonders über gehäufte Todesfälle von Vögeln auf den vor der türkischen Küste liegenden Inseln Kalimnos und Rhodos. Auch hier konnte jedoch in keinem Fall der Grippeerreger festgestellt werden. Währenddessen sind die Geflügelpreise in Griechenland abgestürzt. Zwar geht nach Meinung von Wissenschaftlern vom Verzehr gegarter Geflügelprodukte keine Gefahr für den Menschen aus, trotzdem bleiben Hühnchen und Eier unangetastet in den Regalen liegen. Stattdessen hat ein Rennen auf Grippeschutzimpfungen eingesetzt. Obwohl es bisher keine Schutzimpfung gegen den Virus H5N1 gibt und die herkömmlichen Grippeimpfungen keinen Schutz vor Ansteckung bieten, sind in vielen Apotheken die Impfstoffe ausverkauft. Dabei ist nach Meinung von Fachleuten lediglich die Impfung so genannter Risikogruppen sinnvoll. Die wenigen bisherigen Fälle von Vogelgrippeinfektion bei Menschen wurden allesamt durch direkte Ansteckung vom Menschen am Vogel verursacht. International befürchtet man eine Mutation des Vogelgrippevirus für den Fall, dass eine schon vom normalen Grippevirus befallene Person angesteckt wird. In diesem Fall besteht - zumindest theoretisch - die Gefahr, dass sich eine direkt vom Menschen zum Menschen übertragbare Form entwickelt. Zur Vorbeugung empfiehlt man deshalb die vorsorgliche Impfung der Arbeiter auf Geflügelfarmen. Kopfzerbrechen bereiten der EU Schadensersatzzahlungen im Falle einer europaweiten Vogelgrippe-Epidemie. Die Kosten für eine solche Entschädigung der Geflügelfarmer sollen zu gleichen Teilen von der Union und den betroffenen Ländern übernommen werden, einigte man sich vorläufig in Brüssel. Allein in Griechenland wären bei einer massenhaften Tötung 120 Millionen Vögel betroffen.
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