Sieben ziehen auf einen Streich

ANDRÉ RUDDECK will am Wochenende wieder Deutscher Diplomacy-Meister werden

  • René Gralla
  • Lesedauer: 3 Min.
Vor 53 Jahren ist das Spiel auf den Markt gekommen: »Diplomacy«, eine Simulation der europäischen Machtpolitik während der Schicksalsjahre vor 1914, ausgetüftelt vom heute 80-jährigen Harvard-Absolventen Allan B. Calhamer. Die Hobby-Diplomaten der Republik werden an diesem Wochenende in Berlin ihren Champion 2012 küren. André Ruddeck , ein 31-jähriger Stadt- und Regionalplaner in spe, ist auch dabei.

nd: Sie und ihre Mitstreiter nennen sich »Diplomaten«. Träumen Sie heimlich von einem Botschafterposten?
Ruddeck: Das habe ich nie ins Auge gefasst. Für mich bleibt Diplomacy ein Spiel.

Zu den Fans zählen Promis wie die Kennedys. Hierzulande ist Diplomacy allerdings noch ein Geheimtipp. Wie haben Sie das Spiel entdeckt?
Durch den Vater meiner ehemaligen Freundin. Andere sind vom Schach zu Diplomacy gestoßen.

Was ist das Spannende daran?
Die Mischung aus Planung und Kommunikation. Wobei der Zufall ausgeschaltet ist, Würfel gibt es nicht. Der strategische Aspekt weist gewisse Bezüge zum Schach auf: Ich muss meine Figuren so positionieren und bewegen, dass ich in bestimmten Abschnitten ein Übergewicht erlange und die Einheiten meiner Gegner zurückdränge. Das Interessante: Die sieben Spieler am Brett führen ihre Züge gleichzeitig aus, nicht nacheinander, das ist sehr realistisch.

Erinnert etwas an »Sieben auf einen Streich«. Aber was Diplomacy besonders auszeichnet, ist das Element der Verhandlungen.
Gegen meine sechs Konkurrenten kann ich als Einzelkämpfer nicht gewinnen, ich brauche also Verbündete, wenigstens zeitweilig. Nach der Devise: Ich helfe dir dort, und dafür hilfst du mir hier. Wie im diplomatischen Leben.

Sind das Geheimgespräche?
Je nachdem. Manchmal ziehe ich mich mit einem potenziellen Bündnispartner zurück in einen Nebenraum, manchmal verhandele ich öffentlich, schließlich hat das auch eine Signalwirkung.

Welche Garantien habe ich, dass einmal getroffene Vereinbarungen eingehalten werden?
Gar keine.

Wann ist das Match entschieden?
Insgesamt finden sich 34 Versorgungszentren auf dem Feld. Das sind nicht allein die Hauptstädte: Im deutschen Bereich zählen außer Berlin noch Kiel und München dazu, in Frankreich sind das Paris, Brest und Marseille. Wer 18 dieser Positionen besetzt, hat die Partie gewonnen.

Irgendwie scheint Diplomacy in der analogen Welt auf dem Brett ein Vorläufer moderner Computerspiele mit Multiplayer-Funktion zu sein.
Das kann man so sagen. Außerdem sind Ansätze für das, was heute Rollenspiel heißt, bereits in Diplomacy angelegt. Ich kenne Leute, die zu einer Partie als osmanischer Sultan mit Turban oder als französischer Präsident mit Kokarde oder Schärpe in den Farben der Trikolore antreten.

Wollen Sie am Wochenende wie schon vor zwei Jahren Deutscher Diplomacy-Meister werden?
Na klar.

Gespräch: René Gralla

Deutsche Diplomacy-Meisterschaft »Berlicon« im »Fuchsbau«, Thurgauer Straße 66, Berlin-Reinickendorf, am 13./14.10.2012, Beginn 10 Uhr; www.ludomaniac.de

Diplomacy-Spiel ca. 32 Euro (Avalon Hill/Pegasus Spiele)

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