nd-aktuell.de / 19.10.2012 / Politik / Seite 1

Lawine der Altersarmut

Immer mehr Rentner sind auf Sozialhilfe angewiesen

Berlin (nd-Lambeck). Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte, ist die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Jahr 2011 um 5,9 Prozent gestiegen. Ende des vergangenen Jahres erhielten rund 844 000 Menschen die »Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung«. Weit über die Hälfte der Empfänger sind ältere Menschen, die von ihrer Rente nicht leben könnten. Mittlerweile beziehen schon 2,6 Prozent aller über 65-Jährigen die Grundsicherung - Tendenz steigend. Auch weil demnächst viele Ostdeutsche das Rentenalter erreichen, die nach der Wende langzeitarbeitslos waren und somit kaum Ansprüche erwerben konnten.

»Die Zunahme ist ein Vorbote der Lawine der Altersarmut, die auf uns zurollt«, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, am Donnerstag dem »nd«. Schneider forderte ein sofortiges Eingreifen der Politik. »Erstens darf das Rentenniveau nicht unter 50 Prozent sinken und zweitens brauchen wir ein verlässliches System von Zusatzrenten.« Wie dieses System aussehe, so Schneider, sei letztendlich egal. »Hauptsache, die Menschen erhalten eine Rente, die deutlich über der Grundsicherung liegt.« Derzeit erhalten die Betroffenen monatlich 374 Euro. Außerdem erstattet das Amt Miet- und Heizkosten.

Auch Bundesarbeitsministern Ursula von der Leyen (CDU) zeigte sich gestern besorgt über die starke Zunahme bei der Grundsicherung. »Für die wachsende Zahl Geringverdiener, die es trotz vieler Jahrzehnte beitragspflichtiger Arbeit nicht mehr zur eigenen Rente schafft, ist das Sozialamt der falsche Ort«, erklärte von der Leyen. Für Matthias W. Birkwald, den rentenpolitischen Sprecher der Linksfraktion, sind Ursache und Wirkung klar: »Wer Niedriglöhne und Rentenkürzungen sät, wird Altersarmut ernten. Für die, die bereits heute altersarm sind, brauchen wir eine Solidarische Mindestrente, die anders als die Grundsicherung tatsächlich ein Leben frei von Armut ermöglicht.«