nd-aktuell.de / 22.10.2012 / Politik / Seite 13

Ude gegen Seehofer

Die SPD will im nächsten Jahr der wiedererstarkten CSU in Bayern die Macht abjagen

CSU und SPD gehen mit gegensätzlichen Strategien in den bayerischen Landtagswahlkampf: Die CSU will ihre Kampagne erst im August 2013 starten - die SPD und ihr Spitzenkandidat Ude wollen elf Monate mit allen Kräften kämpfen. »Ein Höllenritt», sagt Landeschef Pronold.

Nürnberg/München (Agenturen /nd). Die bayerische SPD hat den Münchner Oberbürgermeister Christian Ude zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2013 gekürt. Auf einem Parteitag in Nürnberg erhielt Ude am Sonntag 99,7 Prozent Zustimmung - 288 Delegierte stimmten für ihn; es gab nur eine Gegenstimme. Trotz derzeit schlechter Umfragewerte sieht Ude nach eigenen Worten gute Chancen, mit einem Bündnis aus SPD, Grünen und Freien Wählern die CSU-FDP-Regierung abzulösen. »Unsere Chancen stehen sehr gut. Wir wollen kein anderes Bayern. Aber wir wollen Bayern sozialer, gerechter, demokratischer, ökologischer und kommunalfreundlicher gestalten.«

»Das, was vor uns liegt, ist ein Höllenritt«, beschrieb SPD-Landeschef Florian Pronold die schwere Aufgabe. »Das ist ein Kampf gegen das große Geld und die Arroganz der Macht.« Der Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel warf Ministerpräsident Horst Seehofer und der CSU vor, sie seien »machtversessen und machtvergessen«. Dies sei der Grund für die jüngsten Niederlagen der CSU bei Kommunalwahlen.

Kämpferische Sozis

Niemand in der deutschen Politik sei so beliebig wie der CSU-Chef, spottete Pronold. »Keiner gewinnt den Wettbewerb um den schnellstdrehenden Wetterhahn Deutschlands so sicher wie Horst Seehofer«, meinte er zur Wende Seehofers in der Euro-Krise. Der CSU-Chef hatte am Freitag erstmals zusätzliche Hilfen für Griechenland nicht mehr ausgeschlossen, obwohl die CSU das bislang strikt ablehnte. »Mehr Schein als Sein, das ist das Grundprofil der CSU«, sekundierte Gabriel. SPD-Spitzenkandidat Christian Ude indes sei der »berühmteste und erfolgreichste Oberbürgermeister Deutschlands«.

Der Münchner OB kündigte vor der Eröffnung des Parteitags eine elfmonatige Kampagne in allen Landesteilen an, um nach über einem halben Jahrhundert den Machtwechsel in Bayern zu schaffen. Er berief die behinderte ehemalige Biathletin und Skilangläuferin Verena Bentele in sein Wahlkampfteam. Die zwölffache paralympische Goldmedaillengewinnerin werde Udes Expertin für die Bereiche Sport und Inklusion, sagte der 64-Jährige. Im Falle einer neuerlichen Bewerbung Münchens als Ausrichter der olympischen Winterspiele soll Bentele auch dort Beauftragte werden. Von den hohen Umfragewerten der CSU zeigte sich Ude unbeeindruckt: »Umfragen kann man kaufen, Wahlen nicht.« In der jüngsten Umfrage lag ein mögliches SPD-geführtes Dreierbündnis mit 38 Prozent klar hinter der CSU, die demnach allein 48 Prozent erzielen würde.

Noch bis 2018

Seehofer will sich im Herbst 2018 aus der Spitzenpolitik verabschieden und bis dahin seine Nachfolge selbst regeln. Seehofer gab am Samstag nach dem Ende des CSU-Parteitags den Startschuss für einen Wettlauf von vier nunmehr quasi offiziellen Kandidaten und einem fünften »Joker«. Bei dem Thronanwärter-Quartett handelt es sich um Bundesagrarministerin Ilse Aigner, Finanzminister Markus Söder, Sozialministerin Christine Haderthauer und Innenminister Joachim Herrmann. Der Joker auf Platz fünf sei offen und könne wechseln. Bislang hat noch nie ein Ministerpräsident selbst eine Liste von Nachfolgekandidaten genannt. Seehofer wolle in einer »bayerischen Welturaufführung« den Übergang organisch gestalten, sagte Seehofer. Nicht auf Seehofers Liste steht Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, den er nach den Wahlen 2013 reaktivieren will.

In seiner bewusst staatstragenden Parteitagsrede vermied Seehofer Angriffe auf die politische Konkurrenz weitgehend - abgesehen von Seitenhieben auf die SPD und ihren Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. »Steinbrück ist kein Macher, sondern ein Schuldenmacher«, spottete Seehofer. Herausforderer Ude würdigte er keines Wortes. Stattdessen beschwor Seehofer die eigene Stärke: »Wer Bayern liebt, muss für die CSU sein.«