Neben dem Tarif die Sittenlehre

Kirchen sind der zweitgrößte Arbeitgeber

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 2 Min.

Rund 1,3 Millionen Menschen in knapp 50 000 Unternehmen beschäftigen die beiden christlichen Kirchen Deutschlands. Organisten, Ärzte, Krankenpfleger, Kindergärtner, Radiomoderatoren, Putzmänner, Hausmeister, Bierbrauerinnen, Leiterinnen von Behindertenwerkstätten, Verlagsmitarbeiter: Die Kirchen sind in Deutschland nach dem Staat der zweitgrößte Arbeitgeber.

Auch außerhalb des Tarifrechts sind die Mitarbeiter Sonderbedingungen unterworfen - nämlich jenen der kirchlichen Sittenlehre. So wurde 2011 dem Chefarzt eines katholischen Krankenhauses in Düsseldorf gekündigt, weil der Geschiedene sich wieder verheiratete. Zwar errang er vor dem Bundesarbeitsgericht einen Achtungserfolg. Die Richter bestätigten im August 2011 aber den Sonderstatus der Kirchen: Die Entlassung von Mitarbeitern aus sittlich-moralischen Gründen bleibt erlaubt. Nicht während der Elternzeit, wohl aber danach darf der lesbischen Leiterin eines katholischen Kindergartens gekündigt werden, weil sie mit ihrer sexuellen Präferenz gegen die Moralvorstellungen ihres Arbeitgebers verstoße, entschied ein Augsburger Gericht im Juni.

Auch Konfessionslose werden diskriminiert, denn sie werden in der Regel nicht eingestellt. »Katholisch operieren - evangelisch Fenster putzen?«, das sei unsinnig, wettert die langjährige SPD-Spitzenpolitikerin Ingrid Matthäus-Maier, die als Sprecherin der Kampagne »Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz« fungiert. Die Kampagne fordert einen säkularen Blick auf das System des kirchlichen Arbeitsrechts: Die sozialen Einrichtungen würden stets als Pluspunkt der Kirchen wahrgenommen. Dabei werden die meisten Einrichtungen überwiegend aus öffentlichen Geldern finanziert. Im Widerspruch dazu stehe das undemokratische Arbeitsrecht. (www.gerdia.de)

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal