Schulstreit am Petersberg

Aufruf zu Bürgerentscheid in Eisenach

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Der erste Bürgerentscheid in der neueren Geschichte Eisenachs findet am kommenden Sonntag statt. Bei der Abstimmung in der 42 000-Einwohner-Stadt in Thüringen geht es um die Zukunft einer Grundschule.

Die Grundschule am Petersberg liegt in der Oststadt von Eisenach und ist von Schließung bedroht. Betroffene Eltern initiierten ein Bürgerbegehren, um die Schule zu erhalten. Dabei sprachen sich 3742 Bürger, gut zehn Prozent aller 35 200 Wahlberechtigten, per Unterschrift für den Fortbestand aus, deutlich mehr die vorgeschriebenen sieben Prozent. Doch im Stadtrat lehnten die Koalitionsfraktionen CDU, SPD und Bürger für Eisenach das Begehren ab.

Hoch verschuldet

Am Sonntag nun steht - als nächste Etappe - der Bürgerentscheid an. Für einen Erfolg brauchen die Befürworter der Schule mehr Ja- als Neinstimmen und den Rückhalt von mindestens 15 Prozent der Wahlberechtigen, also rund 5300 Stimmen. Dann wäre der Stadtrat für zwei Jahre an diesen Beschluss gebunden.

Dass relativ viele Bürger den Erhalt einer Stadtteil-Grundschule mit knapp 200 Schülern unterstützen, deutet auf hohe Zufriedenheit und Motivation von Eltern und Lehrern sowie gute Lernbedingungen hin. Das Gebäude stammt aus DDR-Zeiten, ist jedoch kein typischer Plattenbau. Zu den Pluspunkten zählen ein mehrgliedriger Schulhof, Sporthalle, Kleinsportanlage, Schulgarten und Streuobstwiese. In den letzten Jahren wurden die Toiletten renoviert, neue Türen eingesetzt.

Die Gegner eines Erhalts der Schule argumentieren, dass eine Sanierung des Gebäudes die Stadt bis 2020 knapp eine Million Euro kosten würde und die hoffnungslos verschuldete Kommune das Geld nicht habe. Ein Umzug der Grundschule in die gut 100 Jahren alte Oststadtschule sei preiswerter, argumentieren sie.

Karin May, Chefin der Eisenacher Linksfraktion, bezweifelt dies und veranschlagt für eine Sanierung von Dach und Fassade am Petersberg rund 640 000 Euro. Angesichts eines Investitionsstaus in allen Eisenacher Schulhäusern von rund 15 Millionen Euro »macht das den Kohl nicht fett«, sagt sie. Gegner der Schulschließung argwöhnen zudem, dass private Investoren bereits ein Auge auf das attraktive Schulgelände geworfen haben. Die Eisenacher Stadtverwaltung kann seit Jahren keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen und steht unter Druck des Landesverwaltungsamts, das in Thüringen als kommunale Aufsichtsbehörde fungiert.

Eisenachs neue Oberbürgermeisterin Katja Wolf (LINKE) setzt sich seit ihrem Amtsantritt gegenüber dem Thüringer Finanzministerium für eine bessere Finanzausstattung der Kommunen ein. Dass die Finanzlage der Stadt so prekär ist, führen Kritiker auf einen Stadtratsbeschluss von 1998 für den Status Eisenachs als kreisfreie Stadt zurück, der die Stadt offensichtlich überfordert habe. »Wir haben damals die Kata- strophe prognostiziert" erinnert sich Karin May.

Genügend Teilnehmer?

In ihrem Engagement für die Grundschule kann die Bürgerinitiative auf die Eisenacher LINKE zählen, deren Mitglieder in diesen Tagen beim Aufstellen von Plakaten und der Flugblattverteilung helfen. Angesichts einer traditionell niedrigen Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen lautet die spannende Frage: Werden am Sonntag überhaupt genügend wahlberechtigte Eisenacher abstimmen?

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