»Einfach nur schäbig«

Unter den Gegnern der Elbvertiefung wird Zwietracht gesät - offenbar ohne Erfolg

  • Susann Witt-Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit dem richterlichen Beschluss eines vorläufigen Stopps der Elbvertiefung ist das Bündnis der Umweltschützer, das ihn erwirkt hat, Ziel von Spaltungsversuchen. Aber seine Mitglieder wissen sich zu wehren.

Erfolg macht nicht nur sexy. Er kann auch Aggressionen auslösen. Kaum hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Mitte Oktober einem Eilantrag der Umweltverbände BUND und NABU stattgegeben - die neunte Ausbaggerung der Elbe wurde bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren untersagt -, machten Medien eine »Schlammschlacht« unter den Elbvertiefungsgegnern aus.

Das seit 2006 existierende und an der Unterelbe beheimatete Regionale Bündnis gegen Elbvertiefung sei von »Streitigkeiten« erschüttert, es würde »kräftig Zoff hinter den Kulissen« geben, berichtete die Niederelbe-Zeitung (NEZ) vor rund zwei Wochen und stellte die suggestive Frage: »Zerbricht das große Elb-Bündnis?« Als Beweise für ihre Behauptungen präsentierte die NEZ Zitate aus dem internen Email-Verteiler des Bündnisses, die ihr von geheimen Informanten zugespielt worden waren.

Es soll »schon länger rumoren«, so die NEZ weiter, »Einige Mitglieder der Organisation aus den Landkreisen Cuxhaven und Stade (sie möchten namentlich nicht genannt werden) sprechen gegenüber unserer Zeitung von einem Zerwürfnis mit dem Sprecher, Walter Rademacher«. Demnach steht er wegen folgender Worte in der Kritik: »Wenn alle Bürgerinitiativen sich auf Gerichte und den angeblichen Rechtsstaat verlassen hätten, dann gäbe es in Deutschland zum Beispiel wesentlich mehr Atomanlagen etc.«

Unbequeme Wahrheiten ans Licht gebracht

Rademacher hat schon so manche unbequeme Wahrheit ans Tageslicht gebracht. Ein Beispiel: Die Hafenunternehmer in Hamburg verbreiten immer wieder die Meldung, dass Schiffe tagelang warten müssen, bis der Wasserstand so hoch ist, dass sie auflaufen können. Diese Behauptung sei schlichtweg falsch, entgegnet Rademacher. Und er versichert, das Bündnis prüfe die Liegezeiten aller großen Containerschiffe sorgfältig und könne belegen, dass die Öffentlichkeit von der Hafenwirtschaft nicht nur in dieser Sache »regelmäßig belogen« werde.

Mit solchen peinlichen Entlarvungen, vor allem aber mit dem Erfolg in Leipzig, hat sich das Regionale Bündnis nicht nur Freunde gemacht. Die mediale Stimmungsmache habe den Zweck, »Zwietracht unter den redlichen Akteuren des Bündnisses zu säen«, so die Vermutung eines Leserbrief-Schreibers. Dieser Verdacht wird von vielen Mitgliedern und Unterstützern des Bündnisses geteilt. Zwar hat es tatsächlich Kritik an Rademacher gegeben. Aber außer von zwei Grünen aus Cuxhaven, dem Kreistagsabgeordneten Bernd Jothe und dem Ortsverbandssprecher Rudolf Zimmermann, waren keine nennenswerten Dissonanzen zu vernehmen. Letzterer ist mittlerweile auch schon zurückgerudert und wirft den Medien »Effekthascherei« vor.

Die überwältigende Mehrheit der Elbschützer verteidigt ihren Sprecher sogar mit Zähnen und Klauen: »Das Bündnis zerbricht nicht - im Gegenteil - es wird sich noch intensiver für die Durchsetzung des Rechtes in einem Rechtsstaat einsetzen«, stellt sich die BUND-Kreisgruppe Cuxhaven ganz demonstrativ hinter Rademacher. »Es ist ganz dringend eine gesamtgesellschaftliche Diskussion notwendig, ob wir wirklich noch in einem Rechtsstaat leben«, meint die Gruppe.

Viele Elbvertiefungsgegner halten die Attacken gegen Rademacher einfach nur für Wahlkampfgeplänkel. In einem Monat wird in Niedersachsen gewählt. Die Elbvertiefung ist ein länderübergreifendes Projekt. Auch die Anrainer Niedersachsen und Schleswig-Holstein mussten zustimmen. »Die Kritik der Cuxhavener Grünen an Walter Rademacher ist für mich einfach nur schäbig. Offenbar geht es ihnen nicht um die Sache, sondern um Parteipolitik«, sagt Hartmut Behrens aus Oberndorf. »Ich erinnere mich, wie Herr Jothe sich aufgeregt hat, als Walter Rademacher einmal bei einer Veranstaltung der LINKEN gesprochen hat.«

Ränke offenbar politisch motiviert

Und hier liegt wohl der politische Hase im Pfeffer. Im Gegensatz zur LINKEN, die eindeutig Nein sagt, verfolgen die Grünen bislang keine klare Linie. In den Koalitionsverhandlungen für die erste schwarz-grüne Landesregierung in der Geschichte der Bundesrepublik 2008 haben die Hamburger Grünen die Elbvertiefung einfach durchgewinkt.

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