Bewerbungsurlaub bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses?

Das fast zehn Jahre bestehende Arbeitsverhältnis ist mir jetzt vom Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen gekündigt worden. Habe ich Anspruch auf eine bezahlte Freistellung, wenn dies für eine persönliche Bewerbung bei einer neuen Arbeitsstelle erforderlich ist?
Kathlen T., Dessau

Wird einem Arbeitnehmer gekündigt, so hat er in der Zeit des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf Beurlaubung zum Zwecke der Vorstellung im Bewerbungsbetrieb. Dieser Anspruch ist gesetzlich geregelt (§629 BGB), kann sich aber auch aus tariflichen Vereinbarungen ergeben. Diese können über die gesetzliche Regelung hinausgehen.
Das Gesetz bestimmt, dass nach der Kündigung eines dauernden Arbeitsverhältnisses (gilt auch für Aufhebungsverträge) der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer auf Verlangen eine angemessene Zeit zur Vorstellung oder zum Bewerbungsgespräch zur Verfügung zu stellen.
Der Vergütungsanspruch für die Freistellungszeit ergibt sich aus §616 BGB. Damit sich der Arbeitgeber organisatorisch auf die Freistellung des Arbeitnehmers einstellen kann, sollte der Arbeitnehmer seine Beurlaubung in einer angemessenen Zeit vor Führung des Bewerbungsgesprächs geltend machen. Eine Freizeitnahme ohne Einwilligung des Arbeitgebers kann arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge haben.
Verweigert der Arbeitgeber grundlos oder ohne ausreichende sachliche Begründung eine Beurlaubung zur Bewerbung, so kann der Arbeitnehmer ihm daraus entstehende Schäden gegen den Arbeitgeber geltend machen. Erforderlichenfalls kann auch das Arbeitsgericht angerufen werden. Durch eine einstweilige Verfügung des Gerichts könnte dann das Recht des Arbeitnehmers auf Gewährung des Bewerbungsurlaubs durchgesetzt werden.
Wenn im Tarifvertrag nicht eine zeitliche Obergrenze für den Bewerbungsurlaub festgesetzt ist, ist laut Gesetz von einer angemessenen Zeit auszugehen. Was als »angemessene Zeit« gilt, muss unter Berücksichtigung beiderseitiger Interessen abgewogen werden. Dabei wird es darauf ankommen, ob die Bewerbung am gleichen Ort oder außerhalb des Arbeitsortes erfolgt. So kann eine Freistellung für einige Stunden ausreichen, aber auch für mehrere Tage erforderlich sein.
Arbeitgeber und Betriebsrat können den Anspruch des Arbeitnehmers auf Bewerbungsurlaub auch in einer Betriebsvereinbarung regeln. Auch im Rahmen eines Sozialplanes im Betrieb kann festgelegt werden, welche Freistellung dem Arbeitnehmer eingeräumt wird.


Mir ist gekündigt worden. Gegen die Kündigung habe ich bei Gericht eine Kündigungsschutzklage eingelegt. Jetzt bietet mir der Arbeitgeber an, bis zur gerichtlichen Entscheidung bei ihm weiter zu arbeiten. Bin ich dazu verpflichtet?
Klaus-Jürgen D., Burg

Auch wenn es zunächst unlogisch erscheint, ist ein solches Angebot durch den Arbeitgeber durchaus in seinem Interesse. In der Regel wird bis zur endgültigen Entscheidung des Streitfalls eine nicht unerhebliche Zeit vergehen. Das kann zu einem finanziellen Risiko für den Arbeitgeber führen, falls die Kündigung durch das Gericht für unwirksam erklärt wird. Der Arbeitgeber riskiert, für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist bis Prozessende dem Arbeitnehmer die entgangene Vergütung zahlen zu müssen.
Fordert der Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmer auf, seine Tätigkeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits fortzuführen, so ist das nicht mit der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses gleichzusetzen. Der Arbeitgeber hält an der Entscheidung über die Kündigung des Arbeitnehmers fest. Das Beschäftigungsverhältnis ist ausschließlich auf die Zeit des Rechtsstreit beschränkt.
Um Unsicherheiten bei einer formlosen Weiterbeschäftigung zu vermeiden, ist eine solche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schriftlich abzuschließen. Aus ihr muss ersichtlich sein, dass die vorläufige Weiterbeschäftigung mit rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits endet.
Die Annahme des Angebots des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer ist freiwillig. Lehnt der Arbeitnehmer allerdings das Angebot ab, muss er sich gegebenenfalls später den Verdienst anrechnen lassen, den er bei Annahme des Angebots erzielt hätte. Voraussetzung für eine solche Anrechnung wäre jedoch, dass die angebotene Arbeit zumutbar und die Ablehnung böswillig erfolgt ist. Dem Arbeitnehmer wird kein böswilliges Verhalten unterstellt werden können, wenn er sich nachweislich in der Zeit bis zur endgültigen Entscheidung durch das Gericht um eine neue Tätigkeit bemüht. Hat er seine Arbeitslosigkeit bei der Agentur für Arbeit gemeldet und steht er im ständigen Kontakt zur Behörde, so hat er das Zumutbare getan, wieder berufstätig zu sein.


Mir ist vom Arbeitgeber eine Abmahnung ausgesprochen worden. Kann eine solche Entscheidung der Arbeitgeber allein treffen oder ist eine Zustimmung des Betriebsrats erforderlich?
Mathias R., Jena

Nein. Der Betriebsrat hat bei Abmahnungen kein Mitbestimmungsrecht. Im Rahmen des Weisungsrechts kann der Arbeitgeber bei Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers eine Abmahnung aussprechen. Abmahnungsberechtigt sind neben dem Arbeitgeber in größeren Betrieben auch der Personalleiter und andere weisungsberechtigte Mitarbeiter, wie der Abteilungsleiter, soweit sie vom Arbeitgeber mit einer Abmahnungsbefugnis ausgestattet worden sind. Obwohl der Betriebsrat bei Abmahnungen kein Mitbestimmungsrecht hat, kann eine Information des Betriebsrats hilfreich sein. Er kann sowohl auf den Arbeitnehmer Einfluss nehmen, künftig sein Fehlverhalten zu ändern, als auch als Vermittler zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber tätig werden.

Dr. PETER RAINERDas fast zehn Jahre bestehende Arbeitsverhältnis ist mir jetzt vom Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen gekündigt worden. Habe ich Anspruch auf eine bezahlte Freistellung, wenn dies für eine persönliche Bewerbung bei einer neuen Arbeitsstelle erforderlich ist?
Kathlen T., Dessau

Wird einem Arbeitnehmer gekündigt, so hat er in der Zeit des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf Beurlaubung zum Zwecke der Vorstellung im Bewerbungsbetrieb. Dieser Anspruch ist gesetzlich geregelt (§629 BGB), kann sich aber auch aus tariflichen Vereinbarungen ergeben. Diese können über die gesetzliche Regelung hinausgehen.
Das Gesetz bestimmt, dass nach der Kündigung eines dauernden Arbeitsverhältnisses (gilt auch für Aufhebungsverträge) der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer auf Verlangen eine angemessene Zeit zur Vorstellung oder zum Bewerbungsgespräch zur Verfügung zu stellen.
Der Vergütungsanspruch für die Freistellungszeit ergibt sich aus §616 BGB. Damit sich der Arbeitgeber organisatorisch auf die Freistellung des Arbeitnehmers einstellen kann, sollte der Arbeitnehmer seine Beurlaubung in einer angemessenen Zeit vor Führung des Bewerbungsgesprächs geltend machen. Eine Freizeitnahme ohne Einwilligung des Arbeitgebers kann arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge haben.
Verweigert der Arbeitgeber grundlos oder ohne ausreichende sachliche Begründung eine Beurlaubung zur Bewerbung, so kann der Arbeitnehmer ihm daraus entstehende Schäden gegen den Arbeitgeber geltend machen. Erforderlichenfalls kann auch das Arbeitsgericht angerufen werden. Durch eine einstweilige Verfügung des Gerichts könnte dann das Recht des Arbeitnehmers auf Gewährung des Bewerbungsurlaubs durchgesetzt werden.
Wenn im Tarifvertrag nicht eine zeitliche Obergrenze für den Bewerbungsurlaub festgesetzt ist, ist laut Gesetz von einer angemessenen Zeit auszugehen. Was als »angemessene Zeit« gilt, muss unter Berücksichtigung beiderseitiger Interessen abgewogen werden. Dabei wird es darauf ankommen, ob die Bewerbung am gleichen Ort oder außerhalb des Arbeitsortes erfolgt. So kann eine Freistellung für einige Stunden ausreichen, aber auch für mehrere Tage erforderlich sein.
Arbeitgeber und Betriebsrat können den Anspruch des Arbeitnehmers auf Bewerbungsurlaub auch in einer Betriebsvereinbarung regeln. Auch im Rahmen eines Sozialplanes im Betrieb kann festgelegt werden, welche Freistellung dem Arbeitnehmer eingeräumt wird.


Mir ist gekündigt worden. Gegen die Kündigung habe ich bei Gericht eine Kündigungsschutzklage eingelegt. Jetzt bietet mir der Arbeitgeber an, bis zur gerichtlichen Entscheidung bei ihm weiter zu arbeiten. Bin ich dazu verpflichtet?
Klaus-Jürgen D., Burg

Auch wenn es zunächst unlogisch erscheint, ist ein solches Angebot durch den Arbeitgeber durchaus in seinem Interesse. In der Regel wird bis zur endgültigen Entscheidung des Streitfalls eine nicht unerhebliche Zeit vergehen. Das kann zu einem finanziellen Risiko für den Arbeitgeber führen, falls die Kündigung durch das Gericht für unwirksam erklärt wird. Der Arbeitgeber riskiert, für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist bis Prozessende dem Arbeitnehmer die entgangene Vergütung zahlen zu müssen.
Fordert der Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmer auf, seine Tätigkeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits fortzuführen, so ist das nicht mit der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses gleichzusetzen. Der Arbeitgeber hält an der Entscheidung über die Kündigung des Arbeitnehmers fest. Das Beschäftigungsverhältnis ist ausschließlich auf die Zeit des Rechtsstreit beschränkt.
Um Unsicherheiten bei einer formlosen Weiterbeschäftigung zu vermeiden, ist eine solche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schriftlich abzuschließen. Aus ihr muss ersichtlich sein, dass die vorläufige Weiterbeschäftigung mit rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits endet.
Die Annahme des Angebots des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer ist freiwillig. Lehnt der Arbeitnehmer allerdings das Angebot ab, muss er sich gegebenenfalls später den Verdienst anrechnen lassen, den er bei Annahme des Angebots erzielt hätte. Voraussetzung für eine solche Anrechnung wäre jedoch, dass die angebotene Arbeit zumutbar und die Ablehnung böswillig erfolgt ist. Dem Arbeitnehmer wird kein böswilliges Verhalten unterstellt werden können, wenn er sich nachweislich in der Zeit bis zur endgültigen Entscheidung durch das Gericht um eine neue Tätigkeit bemüht. Hat er seine Arbeitslosigkeit bei der Agentur für Arbeit gemeldet und steht er im ständigen Kontakt zur Behörde, so hat er das Zumutbare getan, wieder berufstätig zu sein.


Mir ist vom Arbeitgeber eine Abmahnung ausgesprochen worden. Kann eine solche Entscheidung der Arbeitgeber allein treffen oder ist eine Zustimmung des Betriebsrats erforderlich?
Mathias R., Jena

Nein. Der Betriebsrat hat bei Abmahnungen kein Mitbestimmungsrecht. Im Rahmen des Weisungsrechts kann der Arbeitgeber bei Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers eine Abmahnung aussprechen. Abmahnungsberechtigt sind neben dem Arbeitgeber in größeren Betrieben auch der Personalleiter und andere weisungsberechtigte Mitarbeiter, wie der Abteilungsleiter, soweit sie vom Arbeitgeber mit einer Abmahnungsbefugnis ausgestattet worden sind. Obwohl der Betriebsrat bei Abmahnungen kein Mitbestimmungsrecht hat, kann eine Information des Betriebsrats hilfreich sein. Er kann sowohl auf den Arbeitnehmer Einfluss nehmen, künftig sein Fehlverhalten zu ändern, als auch als Vermittler zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber tätig werden.

Dr. PETER RAINER

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