Fest

Bernd Zeller über Weihnachten als populistische Veranstaltung

  • Lesedauer: 2 Min.

Den PR-Strategen des Weihnachtsfestes gelingt es immer wieder, diese populistische Veranstaltung als Fest des Friedens, der Liebe, der Freude und der Toleranz auszugeben. Es ist terminlich am Ende des Jahres angesetzt, so dass man die Freude darüber, wieder ein Jahr herumgebracht zu haben, für weihnachtliche Gefühle hält.

Der Weihnachtsmann ist der St. Nikolaus, der Schutzheilige der Verpackungsindustrie. Es ist unter Theologen strittig, ob er auch für die Recycling-Wirtschaft zuständig ist, dazu müsste in sein Betätigungsfeld die Rücknahme des Verpackungsmülls fallen, der von den Wichteln getrennt und wiederverwertet würde. Das wäre zu aufwendig, denn pro Geschenk fällt dasselbe Volumen an Packpapier und Schaumstoffresten an.

Durch einen propagandistischen Trick hat sich die Meinung durchgesetzt, zu Weihnachten gäbe es Geschenke. Doch erstens sind diese Geschenke äußerst ungerecht verteilt, die Schere zwischen teueren und billigen Geschenken klafft immer weiter, und zweitens handelt es sich bei genauerem Hinsehen keineswegs um Geschenke, sondern Käufe, und der Handel schöpft die Gewinne ab.

Weihnachtsopfer sind aber nicht vorrangig die Käufer, sondern die Zuschauer, nämlich des Weihnachtsprogramms. Man muss Florian Silbereisen zugutehalten, dass die anderen Feste der Volksmusik oder der Überraschungen oder Jahreszeiten genauso nervenzerstörerisch gehalten sind wie die weihnachtlichen. Im Gesamtzusammenhang der Weihnachtssendungen aber stehen sie exemplarisch für das Übel und sollten nur mit abgeschaltetem Ton angesehen werden.

Weihnachtliche Fernsehereignisse wie »Der Seewolf« von Wolfgang Staudte kommen gegebenenfalls nachts als Wiederholung, so etwas wäre heute aber völlig unmöglich zu produzieren. Das Schiff dürfte nicht zum Robbenfang unterwegs sein, sondern zum Artenschutz oder Protest gegen einen Ölmulti. Die Handlung müsste mindestens nach Münster verlegt werden.

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