2014 ohne neue Schulden

Landtag beschließt mit rot-roter Mehrheit einen historischen Doppelhaushalt

Im Jahr 2007 ist der damalige Finanzminister Rainer Speer (SPD) einmal ohne Neuverschuldung ausgekommen. Es lief seinerzeit besser als erwartet. Doch jetzt wagt das Land Brandenburg erstmals, neue Schulden von vorherein gar nicht mehr einzuplanen. Finanzminister Helmuth Markov (LINKE) will 2014 ohne zusätzliche Kredite auskommen. Das hat es vorher noch nie gegeben in Brandenburg. Am Freitag beschloss der Landtag mit rot-roter Mehrheit den Doppelhaushalt 2013/2014.

Mehr Mittel für Kindergärten, Schulen und Hochschulen seien ein Markenzeichen rot-roter Haushaltspolitik geworden, sagte Markov. Diese Linie habe die Regierung trotz teilweise ungünstiger Rahmenbedingungen, trotz weltweiter Wirtschafts- und Finanzkrise durchgehalten. Seit 2009 erhöhten sich die Ausgabe für Bildung um 117 Millionen Euro, die für Wissenschaft um 103 Millionen, wobei die gestiegenen Personalkosten nicht eingerechnet sind.

Wenn man die CDU höre, habe man den Eindruck, es werde gekürzt, sagte Linksfraktionschef Christian Görke. Tatsächlich sprach CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski davon, »dass trotz höchster Steuereinnahmen bei Straßen, Bildung und Hochschulen gekürzt und bei der Polizei Personal abgebaut wird«. FDP-Fraktionschef Andreas Büttner monierte, es seien nur 3,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Wissenschaft veranschlagt, die LINKE habe jedoch in ihrem Wahlprogramm mindestens sieben Prozent versprochen.

Die Opposition rügte außerdem unkalkulierbare Mehrkosten des Großflughafens. Christian Görke nannte dies schwer erträglich. So einträchtig, wie die Opposition heute anklage, sei sie einst einhellig für Schönefeld gewesen, während die LINKE den Standort als zu groß, zu laut und zu teuer abgelehnt habe. Nun gehe es ernsthaft betrachtet leider nicht mehr anders, bedauerte Görke. Jetzt noch einen anderen Standort zu fordern, sei purer Populismus. Nun sei es vordringlich, die Inbetriebnahme des Airports zu sichern, dafür zu sorgen, dass die Handwerker bezahlt werden und die Folgen der falschen Standortentscheidung für die Anwohner so gering wie möglich sind. Der weitaus größte Posten der 444 Millionen Euro Mehrkosten für das Land Brandenburg betreffe den Schallschutz, erinnerte Görke. CDU-Fraktionschef Dombrowski habe mit seinen Argumenten bei der ersten Lesung des Haushalts im September nicht einmal mehr zweite Kreisklasse gespielt. »Heute war es Bolzplatzniveau.«

Für Görke besteht die Kernfrage beim Etat darin, ob sich das Land mit einem Loch im Portemonnaie nur irgendwie von Tag zu Tag durchwurstelt. Der Politiker ist überzeugt davon, dass es nicht so ist und der Haushalt über den Tag hinausweist. »Sicher, wir können keine Wunder vollbringen«, räumte Görke ein. »Die Kommunen klagen auch hierzulande zu Recht über finanzielle Not.«

Wie schlecht es einigen Kommunen geht, zeigten gerade wieder notwendige Finanzspritzen des Innenministeriums für die hoch verschuldeten Städte Sonnewalde und Döbern sowie für die Gemeinde Tschernitz. Alle drei sind aus eigener Kraft nicht mehr in der Lage, Defizite auszugleichen. Sie erhalten deswegen Summen zwischen 1,1 und 1,4 Millionen Euro. Große Städte wie Frankfurt (Oder) und Eisenhüttenstadt »stecken tief im Sumpf«, erläutert Uwe Klett (LINKE). Der Bürgermeister von Fredersdorf-Vogelsdorf weiß, dass es dagegen den Städten und Gemeinden im Berliner Speckgürtel - Fredersdorf-Vogelsdorf gehört dazu - vergleichsweise gut geht. Hier pendelt ein Großteil der Einwohner zur Arbeit in die Hauptstadt. Die Steuereinnahmen steigen. Jedoch werden diese Zuwächse von den Zuweisungen des Landes abgezogen und die Landkreise zapfen über die Kreisumlage mehr Mittel ab. So komme es, dass unter dem Strich weniger in den Kassen sei, berichtete Klett.

SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher bekräftigte: »Die Brandenburger Kommunen haben im Bundesvergleich eine sehr ordentliche Finanzausstattung.« Pro Kopf erhielten sie 900 Euro pro Jahr. In Bayern seien es 470 Euro, in Sachsen 650. Rot-Rot arbeite für ein modernes Industrieland, »bestimmt von Gemeinsinn und sozialer Gerechtigkeit«. Die Opposition entwickle keine tauglichen Alternativen. Sie habe sich »schlicht einen vorweihnachtlichen Wunschzettel zusammengeschrieben, der immer größer wurde, je länger er debattiert wurde«.


Fakten und Zahlen

  • Das Haushaltsvolumen bewegt sich im kommenden Jahr bei 10,66 Milliarden Euro und im Jahr darauf bei 10,23 Milliarden. Für das zu Ende gehende Jahr waren 10,19 Milliarden veranschlagt.
  • Für 2013 ist eine letzte Nettokreditaufnahme in Höhe von rund 330 Millionen Euro eingeplant.
  • Die Steuereinnahmen klettern 2013 auf 5,98 und 2014 auf 6,2 Milliarden Euro.
  • 2009, als die rot-rote Koalition startete, stammten von jedem ausgegebenen Euro lediglich 50 Cent aus Steuereinnahmen des Landes. 2014 sollen es 61 Cent sein.
  • Die Personalausgaben steigen trotz Stellenabbaus leicht an: 2013 auf 2,3 Milliarden Euro und 2014 auf 2,4 Milliarden.
  • Die Zinsausgaben sinken bis 2014 von 696 auf 690 Millionen Euro.
  • Die Investitionen werden bis 2014 von 1,49 auf 1,3 Milliarden Euro gesenkt.
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