nd-aktuell.de / 09.01.2013 / Ratgeber / Seite 22

Resturlaub nicht auf Hartz IV anrechenbar

Aktuelle Urteile von Sozialgerichten

Ein nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlter Resturlaub führt nicht zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes II. Die sogenannte Urlaubsabgeltung sei eine zweckbestimmte Einnahme und nicht als Einkommen anzurechnen, entschied das Sozialgericht Düsseldorf am 16. November 2012 (Az. S 10 AS 87/09).

Die Richter gaben damit der Klage einer Frau statt. Das zuständige Jobcenter muss ihr den angerechneten Betrag von 400 Euro brutto wieder auszahlen.

Während Hartz IV als staatliche Existenzsicherung den Unterhalt sichern soll, diene die Urlaubsabgeltung als Entschädigung für die aus betrieblichen Gründen entgangenen »Urlaubsfreuden«, erklärten die Richter. Mit dieser Entschädigungszahlung solle der Empfänger »die verpasste Erholungsphase durch anderweitige Aktivitäten nachholen«.

Gemobbt: Keine Strafe für Kündigung

Hartz-IV-Empfängern dürfen Zahlungen nicht verweigert werden, wenn sie ihre letzte Arbeitsstelle wegen Mobbings gekündigt haben.

So urteilte das Rheinland-Pfälzische Landessozialgericht in Mainz am 14. November 2012 (Az. L 3 AS 159/12) und gab damit der Klage einer Frau gegen das Koblenzer Jobcenter statt.

Die Klägerin hatte ihre Stelle als Laborhilfe gekündigt, weil sie nach eigener Aussage an ihrem Arbeitsplatz gemobbt worden war. Weil sie sich jedoch kein ärztliches Attest über psychische oder gesundheitliche Probleme eingeholt hatte, wurde der Frau zunächst kein Arbeitslosengeld bezahlt. Auch Hartz-IV-Leistungen sollte sie für eine zwölfwöchige Sperrzeit nachträglich zurückerstatten.

Das Jobcenter in Koblenz war davon ausgegangen, dass die Frau ihre Hilfsbedürftigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt habe. Dieser Auffassung folgte zunächst auch das Sozialgericht in Koblenz.

Im Berufungsverfahren kam das Landessozialgericht hingegen zu dem Ergebnis, dass die Sanktionen des Jobcenters nicht angemessen waren. Um festzustellen, ob ein wichtiger Grund für eine Kündigung vorgelegen habe, müssten bei der Grundsicherung weniger strenge Maßstäbe gelten als bei der beitragsfinanzierten Arbeitslosenversicherung.

Für den Antrag auf Hartz-IV-Leistungen sei ein ärztliches Attest im vorliegenden Fall nicht zwingend erforderlich. Die nachvollziehbaren Angaben der Klägerin über wiederkehrende Herabsetzungen durch Kollegen seien ausreichend.

Jobcenter muss auch eine zu große Wohnung bezahlen

Hartz-IV-Empfänger müssen nicht aus einer unangemessen großen Wohnung ausziehen, nachdem sie wieder Arbeit gefunden haben. Wenn jemand anschließend erneut hilfsbedürftig werde, müsse das Jobcenter eine neue Frist zur Verringerung der Mietkosten setzen, urteilte das Landessozialgericht in Mainz am 15. November 2012 (Az. L 6 AS 582/10).

Die Richter gaben damit der Klage eines Mannes aus dem Raum Trier statt, die in erster Instanz abgewiesen worden war. Der Kläger und seine Familie lebten in einer Wohnung, die vom Jobcenter für zu groß befunden worden war. Deshalb wurde ihm eine Frist gesetzt, die Wohnungskosten zu senken. Bereits nach zwei Monaten hatte der Mann jedoch eine neue Stelle gefunden, so dass er vorübergehend keine Hartz-IV-Leistungen mehr benötigte.

Als er nach elf Monaten erneut seine Arbeit verlor, weigerte sich das Jobcenter unter Berufung auf den alten Bescheid, die komplette Miete zu übernehmen.

In der Vergangenheit waren in ähnlichen Rechtsstreitigkeiten Urteile ergangen, die die alten behördlichen Aufforderungen zur Senkung der Wohnkosten bei einer Erwerbstätigkeit von weniger als einem Jahr als »fortwirkend« einstuften. Die Mainzer Richter sprachen sich im Gegensatz dazu gegen starre Fristen aus. Die Umstände müssten in jedem Einzelfall geprüft werden. Wenn ein Mieter nicht von einer baldigen erneuten Arbeitslosigkeit ausgehen muss, ist ihm kein vorsorglicher Wohnungswechsel zuzumuten. epd/nd