Elefant im Porzellanladen

Zoo-Chef Bernhard Blaszkiewitz in der Kritik / Aufsichtsrat will Vorwürfe prüfen

  • Hans-Rüdiger Bein, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach scharfer Kritik von Berlins Frauen-Senatorin Dilek Kolat (SPD) und Gewerkschaftschefin Susanne Stumpenhusen will auch der Aufsichtsrat möglichst schnell aktiv werden und in einer Sondersitzung des Präsidiums Blaszkiewitz und den Betriebsrat des Tierparks Friedrichsfelde anhören. Der »B.Z.« (Montag) sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Frank Bruckmann: »Wir werden sofort handeln. Wir müssen uns Klarheit verschaffen. Wir gehen da sachlich und neutral ran, aber mit allen Konsequenzen, wenn es sie denn geben müsste.« Bruckmann war am Sonntagabend zunächst nicht zu erreichen.

Anlass ist erneute Kritik am bereits seit längerer Zeit heftig umstrittenen Herren der Tiere in Berlin, Bernhard Blaszkiewitz. Nach einem Bericht der »Bild«-Zeitung soll der Zoo- und Tierparkchef in internen Schreiben vor die Namen weiblicher Mitarbeiter die Formel 0,1 gesetzt haben. Diese steht in der Zoowelt für »Zuchtstuten«.

Beim nächsten Aufreger geht es den Zoohelfern direkt ans Geld. Viele Zooangestellte würden Weihnachtsgeld kassieren, obwohl sie ganz und gar »unchristlich« seien, schnaubte Blaszkiewitz nach Informationen der dpa am vergangenen Mittwoch bei einer konfliktreichen Betriebsversammlung im Tierpark Friedrichsfelde.

Der in zahlreichen Verbalduellen als Dauer- und Lieblingsgegnerin bekannten Grünen-Abgeordneten Claudia Hämmerling soll er auch nach dpa-Informationen unterstellt haben, sie sei mit ihrer ständigen Kritik, vor allem an der Elefantenhaltung, »einfach bösartig«. Die Politikerin fordert nun die sofortige Abberufung von Blaszkiewitz durch den Senat. Der Zoo-Chef sei »disqualifiziert als Chef« und habe »herabwürdigende und diskriminierende Umgangsformen«. So dürfe kein Chef mit den ihm anvertrauten Tieren und Menschen umgehen. Das Maß sei voll, für die Entlassung sei es höchste Zeit, fordert Hämmerling.

Blaszkiewitz reagiert erst einmal, wie schon bei früheren Vorwürfen, als Unschuldslamm. Die Klassifizierung von weiblichen Mitarbeitern unter einer Formel für weibliche Tiere sei »nicht etwa eine Bezeichnung der Missachtung«. Wörtlich heißt es in seiner Antwort auf eine parlamentarische Grünen-Anfrage, die der dpa in Frage und Antwort vorliegt: »Im Gegensatz zu den männlichen Mitarbeitern, bei denen lediglich der Nachname - übrigens auch unter Weglassung des akademischen Titels - genannt wird, ist dies als Höflichkeit gegenüber den weiblichen Mitarbeitern gedacht.«

Generell bewertet Blaszkiewitz die Tatsache, dass diese Schreiben und Zitatauszüge aus der Betriebsversammlungen Medien zugespielt worden sind, als Vertrauensbruch und Verstoß gegen Arbeitsverträge. Die Inhalte würden »die Öffentlichkeit einen feuchten Kehricht angehen«, sagte Blaszkiewitz der dpa am Samstag.

Weiter unter Druck könnte Blaszkiewitz aber nicht nur wegen des Vorwurfs der persönlichen Diskriminierung von Zoo- und Tierparkmitarbeiterinnen und der Grünen-Abgeordneten Hämmerling geraten, sondern vor allem wegen der Vermischung von Tarifverhandlungen mit seiner persönlichen Rolle kommen. Als bekennender Katholik war Blaszkiewitz nach eigenen Angaben von 2003 bis 2011 Leiter der Berliner Komturei des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem. Nach sicheren dpa-Informationen reagierten vor diesem Hintergrund zahlreiche Zoo-Angestellte empört auf den Vorhalt, sie würden Weihnachtsgeld kassieren, obwohl viele von ihnen absolut »unchristlich« seien. Dies sei keineswegs zu vermischen, tarifrechtlich dürfte die private Einstellung ohnehin keine Rolle spielen.

Blaszkiewitz hat persönlich schon seit vielen Jahren zahlreiche Gegner und Kritiker. Besonders unter Druck stand er, als er vor einem Parlamentsausschuss zugeben musste, vor mehr als 20 Jahren im Tierpark vier junge Katzen eigenhändig durch Genickbruch getötet zu haben. Kritisch bewertet wurde auch seine äußerst knappe Reaktion nach dem Tod einer Pflegerin durch einen ausgebrochenen Moschusochsen (»Ein Moschusochsenbulle ist eben kein Schmusetier«).

Weltweit Kritik auch von Experten musste er sich wegen mehrerer Entscheidungen über die Haltung des berühmten Eisbären Knut anhören. Viele Tierfreunde waren auch wütend, als Blaszkiewitz die beliebte Knut-Show mit dem damaligen Tierpfleger Thomas Dörflein vorzeitig stoppte.

Auch aktuell will er offensiv bleiben: »Ich bin das Leitbild« - das soll er in der emotional aufgeladenen Betriebsversammlung verkündet haben. Er wisse, dass man ihn hier »weghaben« wolle. Aber, so Blaszkiewitz: »Das klappt nicht.«

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