50 Millionen Euro fürs Durchhalten

Der BER-Ersatzflughafen Tegel soll neue Klos, Klimaanlagen und Gepäckbänder erhalten

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Eigentlich hätte er schon längst stillgelegt sein sollen, doch jetzt bekommt der Flughafen Tegel noch einmal die zweite (oder dritte, vierte ...) Luft: Für bis zu 50 Millionen Euro soll er modernisiert und voraussichtlich auch ausgebaut werden. Denn der Flughafen muss für mindestens zwei Jahre den Großteil des Verkehrs aufnehmen, der über den neuen Hauptstadtflughafen BER abgewickelt werden sollte.

Mit 18 Millionen Passagieren platzt Tegel, das einmal für eine Jahreskapazität von fünf Millionen gebaut worden war, aus allen Nähten. Vor allem die Fluggesellschaften fordern deshalb seine Ertüchtigung. Dass etwa 30 Millionen Euro ins Terminal investiert werden, scheint sicher. Diese Summe sei nötig, um den Betrieb aufrecht zu erhalten und den Passagieren ein Mindestmaß an Servicequalität bieten zu können, hieß es gestern aus Aufsichtsratskreisen der Flughafengesellschaft (FBB). Unter anderem sollen Klimaanlage, Heizung und Gepäckbänder überholt werden. Diese Anlagen waren zuletzt im Hinblick auf die erwartete Schließung Tegels auf Verschleiß gefahren worden. Auch die sanitären Einrichtungen sollen erneuert werden, zudem sind neue Parkplätze geplant. Eine technische Eingreiftruppe soll defekte Gepäckbänder schell reparieren.

Unklar ist, ob auch das Terminal C für 20 Millionen Euro umgebaut wird. Das wäre jedenfalls der Wunsch von Air Berlin, die das Terminal vorwiegend nutzt. Der zeltartige Anbau soll durch eine Halle mit Abfertigungsschaltern, Sicherheitsschleusen und Gepäckbändern ersetzt werden, um so die Abfertigung der Passagiere zu beschleunigen. Dieser Plan ist unter den Gesellschaftern Bund, Berlin und Brandenburg umstritten, weil während der mehrmonatigen Bauzeit die Kapazität von Tegel sinken würde. Vor allem aber ist offen, woher die 20 Millionen Euro kommen sollen. Die drei Gesellschafter haben dem Flughafen bereits zugesagt, die Mehrkosten für den Bau des BER in Höhe von 1,2 Milliarden Euro zu übernehmen. In diesem Jahr sollen 875 Millionen Euro fließen. In der Summe sind allerdings nur die bekannten zusätzlichen Kosten enthalten. Ob sich die Investitionen für Tegel aus dem laufenden Flugbetrieb refinanzieren lassen, darf bezweifelt werden.

Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (LINKE) spricht sich gegen die Erweiterungspläne für Tegel aus. »Es ist nicht akzeptabel, dass weitere öffentliche Mittel und damit Geld der Steuerzahler bereitgestellt werden, bevor klar ist, wann der künftige Hauptstadtflughafen in Schönefeld eröffnet und wie lange Tegel damit noch gebraucht wird.« Markov ist Mitglied des Flughafen-Aufsichtsrats. Der wird sich am kommenden Mittwoch mit dem Problem beschäftigen.

Leidtragende des Booms in Tegel sind die Anwohner des Flughafens, die jetzt nicht nur länger, sondern auch noch mehr Lärm ertragen müssen. Und sie fürchten um ihre Sicherheit.

Dass dazu genügend Anlass besteht, machten zwei Vorfälle in den vergangenen Tagen deutlich. Beim Verlassen der Parkposition berührten sich die Flügel zweier Flugzeuge, zu Schaden kam niemand. Laut Pilotenvereinigung Cockpit eine Folge der Enge auf dem Vorfeld und der steigenden Flugzeugzahl. Und am 30. Januar musste ein kleiner Geschäftsflieger den Start abbrechen, rutschte dabei auf den Grünstreifen und kam kurz vor der nördlichen Landebahn zu stehen. »Mehr Glück als Verstand«, sagt dazu Johannes Hauenstein von der Bürgerinitiative gegen das Luftkreuz. Die beiden Startbahnen würden seit Jahren grenzwertig genutzt. »Bei einer startenden Maschine auf der Südbahn und und einer landenden auf der Nordbahn kann so etwas wie am 30 Januar zur Katastrophe führen«, so Hauenstein. Er verweist darauf, dass der Flughafen außerhalb seines Areals über keine Notlandeflächen verfügt.

Die Bürgerinitiative fordert einen Stopp der Expansionspläne in Tegel. Die Lufthansa müsse wenigstens die im vergangenen Jahr von Schönefeld nach Tegel verlagerten Flüge ihrer Tochter Germanwings wieder zurückführen. Denn der alte Flughafen in Schönefeld ist lediglich zu zwei Drittel ausgelastet. Doch die Airlines wollen aus Kostengründen ihren Verkehr nicht auf beide Flughäfen aufteilen. Und zwingen kann man sie dazu nicht.

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