nd-aktuell.de / 22.02.2013 / Politik / Seite 5

Richtungskampf in der DKP

Parteitag trifft Entscheidung mit Wahl des neuen Vorsitzenden

Christian Klemm
Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) droht sich in internen Machtkämpfen aufzureiben. Anfang März kommt es in der hessischen Provinz zum Showdown zwischen parteilinken und rechten Funktionären.

Sie hatte einst mehrere zehntausend Mitglieder, war auf jeder Friedensdemonstration in den 1980er Jahren präsent und engagierte sich stark in Betrieben und Gewerkschaften. Doch schon vor dem Zusammenbruch des »Ostblocks« hat die DKP mit parteiinternen Streitereien zu kämpfen gehabt. Mitte bis Ende der 1980er Jahre lieferten sich sogenannten Bewahrer heftige Auseinandersetzungen mit »Reformern« über Perestroika und Glasnost in der Sowjetunion.

Tiefe Gräben

1989/90 kam dann die große Zäsur - auch für die deutschen Kommunisten. Viele Mitglieder verließen die Partei, ein Neuanfang fiel schwer. Nur mit viel Mühe hat die DKP vor sieben Jahren ein neues Parteiprogramm beschlossen. Das Kriegsbeil aber wurde nicht begraben. Im Gegenteil: Im Vorfeld des 20. Parteitages der DKP in Mörfelden-Walldorf am 2. und 3. März stehen sich der rechte und linke Parteiflügel weiter unversöhnlich gegenüber. Die Gräben sind so tief, dass sich die amtierende Parteichefin Bettina Jürgensen als Vertreterin des rechten Parteiflügels einer Kampfkandidatur um den Vorsitz stellen muss.

Ihr Herausforderer heißt Patrik Köbele, bisher stellvertretender Parteivorsitzender. Er gilt als »Wortführer der Parteiopposition« und Parteilinker. Rückendeckung bekommt Jürgensen von Leo Mayer, der wie Köbele stellvertretender Parteivorsitzender ist, sich aber in Mörfelden nicht mehr für dieses Amt bewirbt. Unterstützer findet Köbele besonders in der Zeitschrift »Theorie & Praxis« (T & P), zu deren Herausgebekreis er auch gehört.

Im wesentlichen gibt es parteiintern drei Streitpunkte: das Verhältnis der DKP zur Partei der Europäischen Linken (EL), die Selbstständigkeit im Bündnis mit anderen Parteien und Organisationen und das Verständnis des gegenwärtigen Imperialismus.

Die deutschen Kommunisten haben in der EL einen Beobachterstatus. Die Europäische Linke ist von Reformkommunisten und linken Sozialdemokraten dominiert. Das missfällt dem linken DKP-Flügel: Sie werfen der Fraktion um Jürgensen vor, eine Vollmitgliedschaft in der EL anzustreben. Schon jetzt könne kaum von einer Beobachtung die Rede sein, heißt es. Die De-facto Vollmitgliedschaft verwische »national wie international unsere Unterscheidbarkeit zum Reformismus«, beklagt Köbele.

Die »Parteirechte« um Mayer und Jürgensen geht - grob vereinfacht - von einem »kollektiven Imperialismus« auf EU-Ebene aus. Nach diesem Verständnis sei Deutschland keine eigenständige imperialistische Macht mehr. Auch der Kampf dagegen müsse folglich europaweit geführt werden. Das provoziert heftigen Widerspruch. T & P schreibt zum Beispiel: »Der Hauptfeind steht nach wie vor im eigenen Land. Die Machtfrage muss im nationalen Rahmen ausgetragen werden, wo die Machtbasis der Bourgeoisie liegt.«

Streit um Wahlteilnahme

Nicht zuletzt wird über die Selbstständigkeit der DKP gestritten. Bei der niedersächsischen Landtagswahl in Januar hat die Partei dazu aufgerufen, die LINKE zu wählen. Zu gering seien die Chancen gewesen, um eine eigene parlamentarische Vertretung im Landtag zu erreichen, so die Begründung. Befördert hat die Wahlempfehlung sicherlich auch, dass Manfred Sohn Linksparteichef in Niedersachsen ist. Sohn hatte früher selbst das DKP-Parteibuch besessen. Doch wie soll sich die Partei bei der Bundestagswahl im Herbst verhalten? Selbst antreten oder wie in Niedersachsen verfahren?

Auf dem Parteitag wird entschieden, ob die DKP an der Bundestagswahl teilnimmt. Grundsätzlich plädieren die »Parteilinken« für mehr eigene Kandidaturen - auch parallel zur Linkspartei. Sie wollen, dass ihre Partei mehr wahrgenommen wird, nicht zuletzt auf dem Wahlzettel.

Es ist jedoch mehr als unrealistisch, dass die Kommunisten die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Das dürfte allen DKP-Mitgliedern klar sein. Die Stimmen für die Partei könnten unter Umständen der LINKEN für den Wiedereinzug in den Bundestag fehlen. Damit wäre die letzte Antikriegspartei mit sozialem Profil aus dem Parlament geflogen. Das wäre wohl nicht im Interesse der Kommunisten. Oder vielleicht doch?