Knobelnde Schimpansen

Nicht nur Menschen lieben Denkaufgaben

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 2 Min.

Wie im Experiment schon vielfach gezeigt wurde, sind Schimpansen (Pan troglodytes) fähig, selbst relativ schwierige kognitive Aufgaben zu lösen, wenn man sie dafür mit Futter belohnt. Doch das ist nicht alles. Unsere tierischen Verwandten finden offenkundig auch Gefallen daran, Rätsel zu lösen, wenn es dafür keine Belohnung gibt.

Diese Zufallsentdeckung mach᠆ten jetzt zwei britische Forscherinnen vom Royal Veterinary College in Hertfordshire. Eigentlich wollten Fay Clark und Lauren Smith nur testen, wie sich Abwechslung auf das Wohlbefinden von Schimpansen auswirkt. Sie bastelten aus undurchsichtigen Plexiglasröhrchen ein Labyrinth, in dem sich mit Hilfe kleiner Stöcke verschiedene Gegenstände zum Ausgang befördern ließen. Sechs Schimpansen (vier Männchen und zwei Weibchen) aus dem Londoner Whipsnade Zoo wurden anschließend mit diesem Labyrinth konfrontiert. Da die Tiere zuvor kein besonderes Training absolviert hatten, konnten sie nur durch Versuch und Irrtum herausfinden, wie das Problem zu bewältigen ist.

In einem Fall galt es, eine Nuss durch das Labyrinth zu bugsieren, die von den »Probanden« danach verspeist werden durfte. Im anderen Fall musste das Gleiche mit einem roten Würfel bewerkstelligt werden, ohne dass die Schimpansen eine zusätzliche Belohnung erhielten. Das einzige sichtbare Zeichen ihres Erfolgs war, dass der rote Würfel aus dem Labyrinth in einen Behälter fiel. Ausgehend von einer schlichten Kosten-Nutzen-Rechnung hatten die Forscher vermutet, dass die Schimpansen den Test mit Belohnung bevorzugen würden. Doch es kam anders. Die Affen waren in beiden Fällen begierig, das Rätsel zu lösen. Und: Sie spielten das Spiel ohne Belohnung, bei dem sich immer mehr rote Würfel im Behälter ansammelten, deutlich häufiger. »Das ist ein Beleg dafür, dass Schimpansen ähnliche Zufriedenheitsgefühle entwickeln wie Menschen, die eine Denkaufgabe gelöst haben«, schreiben Clark und Smith in der Fachzeitschrift »American Journal of Primatology« (DOI: 10.1002/ ajp.22141).

Biologen kennzeichnen unsere Spezies heute gern mit dem Begriff »Homo ludens« (der spielende Mensch), um auszudrücken, dass Spielen eine essenzielle Aktivität zur Formung des menschlichen Wesens und Geistes ist. Folgt man der neuen Studie, dann lassen sich Ansätze dieses Verhaltens auch im Tierreich finden.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal